OLG Köln, 11.2.2015 – 5 U 181/12

Hintergrund

Die am 03.10.1964 geborene Klägerin litt unter Beschwerden im rechten Knie und begab sich aufgrund dessen im Juli 2002 in Behandlung bei einem der beiden Beklagten. Bei dem niedergelassenen Orthopäden wurden aufgrund anhaltender Schmerzen mehrere Arthroskopien durchgeführt. Dabei zeigten sich allerdings stets Verschlechterungen zu den vorherigen Befunden. In einer dritten Arthroskopie wurden der Klägerin außerdem Karbonstifte implantiert.

Die Schmerzen der Klägerin an der Innenseite des rechten Kniegelenks hielten jedoch an. Daher stellte sie sich im September 2003 im Krankenhaus der zweiten Beklagten vor. Nach einigen erfolglosen Behandlungen wurde ihr letztendlich im Juni 2012 ein künstliches Kniegelenk eingesetzt.

Aufgrund dieses Verlaufes verlangte die Klägerin daraufhin Schmerzensgeld von den Beklagten wegen mehrfacher fehlerhafter ärztlicher Behandlung. Sie beantragte, die beiden Beklagten gesamtschuldnerisch zu einem angemessenen Schmerzensgeld zu verurteilen, dessen Höhe in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt sei, mindestens aber 30.000,00€ nebst 8% Zinsen seit dem 09.12.2009 betragen solle. Ferner beantragte sie die Verurteilung zur Zahlung weiterer 1.690,00€ nebst 8% Zinsen seit Rechtshängigkeit. Darüber hinaus stellte sie noch einen Feststellungsantrag mit dem Inhalt, dass die Beklagten verpflichtet seien, ihr sämtliche materiellen und weiteren zukünftigen immateriellen Schäden, die ihr aufgrund der fehlerhaften Behandlung entstanden sind oder noch entstehen werden, zu ersetzen, soweit nicht diese Ansprüche auf Dritte übergegangen sind.

Die Klage hatte in der ersten Instanz vor dem Landgericht keinen Erfolg. Auch ihre Berufung wurde von dem Oberlandesgericht für unbegründet gehalten und somit zurückgewiesen.

Gründe

Nach der Ansicht des Senats hat die Klägerin gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld aus den §§ 253, 280, 823 Abs. 1 BGB. Grund dafür ist, dass sie den ihr obliegenden Beweis der Schadenskausalität nicht erbringen konnte.

Der Sachverständige war nach der Auswertung des gesamten Aktenmaterials zu dem Ergebnis gekommen, dass vor der Implantation der Karbonstifte das Vorliegen einer Achsfehlstellung durch eine Ganzbeinröntgenaufnahme hätte abgeklärt werden müssen. Dies sei vor knorpelchirurgischen Maßnahmen Standard, damals wie heute. Folglich ist das Gericht durch die Beweisaufnahme zu dem Schluss gekommen, dass in dem Unterlassen einer Ganzbeinröntgenaufnahme ein leichter Behandlungsfehler liegt. Die Klägerin konnte jedoch nicht beweisen, dass ihr dadurch gesundheitliche Schäden entstanden sind. Ferner greift auch keine Beweislastumkehr ein, weder nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen des Befunderhebungsfehlers noch wegen eines groben Befunderhebungsfehlers. Ein leichter Befunderhebungsfehler führt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur dann zu einer Beweislastumkehr, wenn sich bei der gebotenen Abklärung der Symptome mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein so deutlicher und gravierender Befund ergeben hätte, dass sich dessen Verkennung als fundamental oder die Nichtreaktion hierauf als grob fehlerhaft darstellen würde und dieser Fehler generell geeignet ist, den tatsächlich eingetretenen Gesundheitsschaden herbeizuführen. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall jedoch nicht erfüllt, da der Sachverständige es als gänzlich unwahrscheinlich einordnete, dass eine Achsfehlstellung vorgelegen hätte. Im Ergebnis konnte also wegen der fehlenden Kausalität kein Anspruch entstehen.

Bewertung

Der Entscheidung des Oberlandesgerichts ist zuzustimmen. Die Klägerin konnte den erforderlichen Kausalitätsbeweis nicht erbringen, weshalb ein Anspruch gescheitert ist. Erforderlich wäre gewesen, dass zu ihren Gunsten eine Beweislastumkehr eingreift. Wie oben dargelegt, kommt dies nach den Grundsätzen des Befunderhebungsfehlers vorliegend nicht in Betracht. Abhilfe würde dem Patienten in so einem Fall auch das Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers schaffen, da dieser ebenfalls zu einer Beweislastumkehr führt. Ein solcher Umstand kann sich also in vielen Prozessen entscheidend auswirken. Dazu zählen allerdings nur solche Fehler, die „einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen dürfen“ und daher aus objektiver ärztlicher Sicht nicht mehr verständlich erscheinen, da sie gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen. Hier wurde mangels dieser Voraussetzungen folglich zurecht kein grober Behandlungsfehler angenommen. Der Kausalitätsbeweis oblag folglich der Klägerin.