Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 03.11.2016 – 5 Sa 205/16

Hintergrund

Bei einem Arbeitgeber gab es eine Provisionsordnung, die im Rahmen einer Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat geschlossen worden war. Einer der unter diese Provisionsordnung fallenden Vertriebsmitarbeiter erhielt neben seinem Fixum eine variable Vergütung. Arbeitnehmer und Arbeitgeber schlossen jährlich Zielvereinbarungen. Darüber kam es im Jahr 2014 zum Streit, da der Arbeitnehmer das von dem Arbeitgeber angeführte Ziel als unrealistisch erachtete. Er kann zu mehreren Gesprächen und der Streit endete damit, dass der Geschäftsführer dem Vertriebsmitarbeiter in einem Gespräch eine Sonderprämie zusagte, die auch ausgezahlt wurde.

Die Höhe der Prämie wurde gegenüber dem Arbeitnehmer als Kläger so kommuniziert, dass er damit Bezüge mit einem Zielerreichungsgrad von etwa 90% erreiche. Daraufhin unterzeichnete der Arbeitnehmer die Zielvereinbarung für das Jahr 2014 mit dem ursprünglichen Angebotsinhalt.

Dennoch verlangte er dann die restlichen 10% Differenz zu seinem Jahresgehalt. Insbesondere meinte er, die gewährte Sonderprämie sei nicht anrechenbar. Außerdem könne er nicht auf die Ansprüche einer Betriebsvereinbarung verzichten.

Gründe

Vor den Arbeitsgerichten hatte er allerdings keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen vertraglichen Anspruch auf Zahlung der restlichen Vergütung für das Kalenderjahr 2014, denn er hat die in der zwischen den Parteien geschlossene Zielvereinbarung festgelegten Ziele unstreitig nicht erreicht.

Der Kläger macht zwar geltend, er habe sich bei Abschluss der Zielvereinbarung in einer Zwangslage befunden, weil vom Arbeitgeber und vom Betriebsrat entsprechender Druck auf ihn ausgeübt wurden sei. Dabei verkennt er jedoch, dass nur eine widerrechtliche Drohung gemäß § 123 BGB zur Anfechtung einer erzwungenen Vereinbarung führen kann. Und selbst wenn eine Anfechtungsberechtigung vorliegen sollte, wofür im Streitfall den Arbeitsgerichten zufolge nicht das Geringste spricht, müsste sich der Kläger an der von ihm unterzeichneten Zielvereinbarung festhalten lassen, weil er die Anfechtung nicht ausdrücklich vor oder im Rechtsstreit erklärt hat.

Ferner hat der Kläger auch nicht durch die Unterzeichnung der Zielvereinbarung in unzulässiger Weise auf Ansprüche aus der Provisionsordnung verzichtet. Grundsätzlich wäre ein Verzicht nur mit Zustimmung des Betriebsrates möglich gewesen. Hier hatte der Arbeitnehmer aus der Provisionsordnung aber überhaupt keine Ansprüche, da er das Ziel ja gerade verfehlt hatte.

Bewertung

Den überwiegend übereinstimmenden, gerichtlichen Entscheidungen im vorliegenden Instanzenzug (AG Mainz, Urteil vom 24.03.2016 – 9 Ca 990/15/ LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 03.11.2016 – 5 Sa 2015/16) ist zuzustimmen.

Hätte der Arbeitnehmer – abweichend vom vorliegenden Fall – allerdings einen Anspruch aus der Provisionsordnung wegen vollständiger Erreichung der vereinbarten Ziele, ist hervorzuheben, dass in dem Abschluss einer individuellen Zielvereinbarung auch bei Geltung einer Betriebsvereinbarung über variable Vergütungsanteile kein unzulässiger Verzicht auf Ansprüche liegt.