Landessozialgericht Hessen vom 07.08.2017, Az. L 9 U 205/16
Hintergrund
Streitig zwischen den Parteien war die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall durch die Berufsgenossenschaft und der Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
Die Klägerin, Lohnbuchhalterin bei einer Steuerfachanwaltskanzlei mit insgesamt zehn Beschäftigten, hatte mit drei anderen Mitarbeiterinnen der Buchhaltungsabteilung an einer von einem Sportverein ausgerichteten “Bierwanderung” teilgenommen. Sie liefen dabei einen Parcours von 7 km mit mehreren “Bierstationen” ab. Beim Ausklang der Wanderung nach 22 Uhr stürzte die 58-Jährige und verletzte sich am linken Unterarm.
Den Antrag auf Anerkennung eines Arbeitsunfalls lehnte die Berufsgenossenschaft mit der Begründung, dass es sich dabei vielmehr um eine private Veranstaltung der Mitarbeiterinnen gehandelt habe, und diese durch einen Sportverein und eben nicht unternehmensbezogen organisiert worden wäre, ab.
Diese Entscheidung sowohl durch das Sozialgericht Darmstadt als auch das Landessozialgericht Hessen bestätigt.
Gründe
Zwar unterfielen auch Unfälle im Rahmen betrieblicher Gemeinschaftsveranstaltungen unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Voraussetzung dafür sei jedoch, dass Arbeitgeber die Veranstaltung als eigene betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung durchführe oder durchführen lasse. Des Weiteren müsse die Teilnahme allen Beschäftigten offenstehen, objektiv möglich und Veranstaltungsziel die Förderung des Zusammengehörigkeitsgefühls der Beschäftigten untereinander sein. Das Angebot solle zudem sich im Wesentlichen allein an Mitarbeiter richten.
Ob man die in Frage stehende Veranstaltung bei einer Teilnahme lediglich drei von zehn Mitarbeitern als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung einstufen könne, erscheine fragwürdig. Es fehle darüber hinaus an einer eigenen Programmgestaltung, gar eines Zusatz- oder Rahmenprogrammes seitens der Steuerfachanwaltskanzlei. Mithin handele es sich dabei also nicht um eine eigenständige betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung, sondern dem äußeren Erscheinungsbild nach lediglich um die Teilnahme an einer von einem Sportverein organisierten, für jedermann offene Großveranstaltung.
Zumal es weder die Unternehmen noch deren Beschäftigte in der Hand hätten, den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auszuweiten, könne die Tatsache, ob der Arbeitgeber die Teilnahmekosten übernehme und die Mitarbeiter verpflichte, während der Veranstaltung betriebliche Kleidung zu tragen, dahinstehen. Zuletzt sei gegen das Bestreben der Klägerin anzuführen, dass eine Wanderung von Bierstation zu Bierstation nicht als Betriebssport einzustufen sei und mithin nicht unfallversichert sei.
Bewertung
Dem Urteil des Landessozialgerichts Hessen ist zuzustimmen. Das Landessozialgericht wendet stringent die erforderlichen Voraussetzungen für die Übernahme von Unfällen im Rahmen von Gemeinschaftsveranstaltung durch die gesetzliche Unfallversicherung an. Dadurch wird dem Versuch, jegliche Freizeitaktivitäten unter die ‚Definition: betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung‘ zu subsumieren und dadurch die Kapazitäten und den Zweck der gesetzlichen Arbeitsunfallkassen zu strapazieren, Einhalt geboten.