Hintergrund

Aufgrund der Folgen der Corona-Pandemie in Deutschland ist das Thema Kurzarbeit/Kurzarbeitergeld in aller Munde. Was hier zu beachten ist und welche Regeln und Anforderungen gelten, lesen Sie hier im Überblick.

  1. Was genau ist Kurzarbeitergeld?

Im Fall des Vorliegens bestimmter Voraussetzungen kann der Arbeitgeber/Betrieb die Tätigkeiten ganz oder teilweise einstellen. Den dadurch entstehenden Verdienstausfall soll das Kurzarbeitergeld zum Teil kompensieren.

  1. Kann der Arbeitgeber Kurzarbeit von sich aus einführen?

Nein. Die Direktionsbefugnis des Arbeitgebers reicht nicht so weit, dass er eigenmächtig Kurzarbeit anordnen kann. Nach ständiger Rechtsprechung kann Kurzarbeit innerbetrieblich nur aufgrund individualvertraglicher oder kollektiver Grundlage eingeführt werden. Zudem sind bestimmte Voraussetzungen wie beispielsweise in Betrieben mit Betriebsrat die Information gegenüber dem Betriebsrat einzuhalten.

  1. Wo werden die maßgeblichen Regelungen zur Kurzarbeit getroffen?

Die maßgeblichen Regelungen finden sich in den §§ 95 ff. SGB III.

  1. Wie, wo und von wem wird das Kurzarbeitergeld/Kurzarbeit beantragt?

Das Verfahren gliedert sich in zwei Schritte. Zunächst muss der Arbeitgeber oder die Betriebsvertretung gegenüber der zuständigen Agentur für Arbeit den Arbeitsausfall anzeigen und die entsprechenden Voraussetzungen glaubhaft machen. Eine Stellungnahme der Betriebsvertretung ist beizufügen. Sollten die Voraussetzungen vorliegen, erteilt die jeweilige Agentur für Arbeit einen Anerkennungsbescheid.

In einem zweiten Schritt kann der Arbeitgeber unter Nachweis der jeweiligen Voraussetzungen für jeden Arbeitnehmer einzeln Kurzarbeit beantragen. Hier gilt die 3-Monats-Frist des § 325 Abs. 3 SGB III.

  1. Gibt es Einschränkungen, welche Arbeitgeber/Betriebe Kurzarbeitergeld beantragen dürfen?

Grundsätzlich gibt es keine Einschränkungen. Die wesentliche aber zumeist zutreffende Anforderung stellt § 97 SGB III. Hiernach muss in dem Betrieb zumindest ein Arbeitnehmer beschäftigt sein. Im Sinne der genannten Vorschrift erfüllt auch eine Betriebsabteilung, also der Teil eines Betriebes, die betrieblichen Anforderungen. Es muss demnach nicht ein ganzer Betrieb in die Kurzarbeit.

Am 16.04.2020 haben sich ver.di, dbb beamtenbund, tarifunion und die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) auf den Tarifvertrag zur Regelung der Kurzarbeit, den TV Corona, geeinigt. Damit ist auch im Bereich des kommunalen öffentlichen Dienstes der Weg in die Kurzarbeit eröffnet. Dies war bisher nicht so. (Vgl. ausführlich zu diesem Thema die ver.di Pressemitteilung vom 16.04.2020, abrufbar unter: https://www.verdi.de/themen/corona/++co++3cba9440-7fdc-11ea-8f6f-525400b665de)

  1. Welche Anforderungen/Voraussetzungen gelten für das Kurzarbeitergeld?
  • 95 SGB III bezeichnet die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld. Dabei müssen folgende Voraussetzungen bei jedem Arbeitnehmer, für den Kurzarbeit beantragt wird, kumulativ vorliegen:
  1. Erheblicher Arbeitsausfall: Die genauen Voraussetzungen hierfür liefert § 96 SGB III. Die Erheblichkeit richtet sich nach vier Voraussetzungen.

Erstens muss der Arbeitsausfall auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruhen. Diese Kriterien sollten im Falle der Corona-Pandemie häufiger erfüllt sein.

Zweitens muss der Arbeitsausfall vorübergehend und Drittens darf er nicht vermeidbar sein. Letzteres Kriterium hat der Gesetzgeber aufgrund der Corona-Pandemie mit dem „Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld“ modifiziert. Demnach müssen negative Arbeitszeitsalden nicht erst zur Vermeidung von Kurzarbeit eingesetzt werden, wenn die Bundesregierung dies durch Rechtsverordnung festschreibt. Bisher konnte Entsprechendes bereits in einem jeweiligen Tarifvertrag geregelt sein.

Bisher galt zudem, dass im jeweiligen Kalendermonat mindestens ein Drittel der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall von mehr als 10 % ihres monatlichen Bruttoentgelts betroffen sein mussten. Auch dieses Erfordernis hat der Gesetzgeber nun modifiziert. Nach dem oben bereits benannten „Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld“ kann die Bundesregierung durch Rechtsverordnung eine Ausnahme von der Drittellösung machen. Es kann hiernach festgesetzt werden, dass im Mindestmaß nur 10 % der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall betroffen seien müssen.

  1. Vorliegen der betrieblichen Voraussetzungen: Lesen Sie hierzu bereits Frage 4.
  2. Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen: Grundsätzlich können nur Arbeitnehmer , die eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausüben, Kurzarbeitergeld bekommen. Damit gilt, dass Minijobber von der Kurzarbeiterregelung ausgenommen sind. Weitere Ausnahmen regelt § 98 SGB III.
  3. Anzeige des Arbeitsausfalls gegenüber der Agentur für Arbeit: Lesen Sie hierzu bereits Frage 3.
  4. Was wird bei KuG wie lange gezahlt?

Grundsätzlich bekommt der anspruchsberechtigte Arbeitnehmer 60 % seines Nettoeinkommens als Kurzarbeitergeld. Solche Arbeitnehmer, die beim Arbeitslosengeld die Voraussetzungen für einen erhöhten Leistungssatz erfüllen – so im Fall von eigenen Kindern – erhalten 67 % ihres Nettoeinkommens. Am 22. April hat sich die Bundesregierung Corona-bedingt für eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes entschieden. So soll nun abhängig von der Dauer der Kurzarbeit das Kurzarbeitergeld angepasst werden.

Kinderlose Beschäftigte sollen demnach ab dem vierten Monat 70 % und ab dem siebten Monat des Bezugs 80 % ihres Nettoeinkommens erhalten, wenn sie mindestens 50 % weniger arbeiten. Bei Beschäftigten mit Kindern sollen es 77 % bzw. 87 %, also 7 Prozentpunkte mehr sein. Diese Regelungen sollen bis zum 31.12.2020 erst einmal befristet sein. (dazu u.a.: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Schlaglichter/Corona-Schutzschild/2020-03-19-Beschaeftigung-fuer-alle.html )

Das Kurzarbeitergeld wird grundsätzlich für einen Zeitraum von bis zu 12 Monaten gewährt. Sollte durch Rechtsverordnung der Bundesregierung etwas anderes geregelt sein, ist eine Verlängerung auf bis zu 24 Monate möglich.

Wichtig ist zudem, dass das Kurzarbeitergeld unter die Lohnersatzleistungen fällt und damit steuerfrei ist.

Arbeitgebern werden zudem im Fall einer entsprechenden Rechtsverordnung auf Grundlage des „Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld“ alle für den Beschäftigten zu zahlenden Sozialversicherungsbeiträge erstattet.

  1. Was gilt während der Kurzarbeit für die Sozialversicherungen?

Die Kurzarbeit hat keine Auswirkungen auf die Sozialversicherungen.

Dr. iur. Christoph Roos
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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