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Arbeitsrecht: Auskunftsansprüche hinsichtlich der Öffentlichkeitsarbeit von gemeinsamen Einrichtungen der Tarifvertragsparteien

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.3.2024 – 10 AZR 117/23, Pressemitteilung Nr. 7/2024 vom 13.03.2024

Hintergrund

Geklagt hatten vorliegend verschiedene Beteiligte aus dem Bereich des Maler- und Lackiererhandwerks, die allesamt gegenüber der Urlaubskasse und der Zusatzversorgungskasse als Beklagte Auskunftsansprüche hinsichtlich deren Öffentlichkeitsarbeit und der Verwendung von deren Mitteln geltend machen.

Zum einen hatte ein Arbeitgeberverband für Betriebe des Maler- und Lackiererhandwerks, der in Sachsen niedergelassen ist, geklagt (Kläger zu 1.). Diesem Verband gehören 110 Mitgliedsbetriebe an, ein Tarifvertrag wurde jedoch bisher noch nicht geschlossen. Der Verband verfolgt die Abschaffung oder zumindest eine größere Reform der beklagten Urlaubs- und Zusatzversorgungskassen.

Des Weiteren hatte ein Betrieb eines Maler- und Lackiererhandwerks, der Teil des genannten Arbeitgeberverbandes ist, geklagt (Kläger zu 2.). Der Betrieb ist kein Mitglied in dem Bundesinnungsverband des deutschen Maler- und Lackiererhandwerks, jedoch gelten für diesen Betrieb die zwischen dem Bundesinnungsverband und der IG BAU abgeschlossenen Sozialkassentarifverträge für das Maler- und Lackiererhandwerk zum Urlaubskassenverfahren und zur betrieblichen Altersversorgung dennoch im Rahmen einer Allgemeinverbindlicherklärung bzw. aufgrund des Gesetzes zur Sicherung der tarifvertraglichen Sozialkassenverfahren.

Letztlich hatte sich als dritter Kläger ein gewerblicher Arbeitnehmer im Maler- und Lackiererhandwerk an dem Verfahren beteiligt, der nicht Mitglied der IG BAU ist (Kläger zu 3.).

Bei der beklagten Urlaubskasse handelt es sich um eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien, welche für das Maler- und Lackiererhandwerk die Sicherung der arbeitnehmerischen Urlaubsansprüche garantieren soll.

Die Kläger wenden sich außerdem gegen die Zusatzversorgungskasse des Maler- und Lackiererhandwerks, welche ebenfalls eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien darstellt und für die tarifvertraglich geregelte betriebliche Altersversorgung zuständig ist. Beide Beklagte finanzieren sich durch die Beiträge, welche die Arbeitgeber aufgrund ihrer Tarifverträge erbringen. Dabei dürfen beide Kassen diese finanziellen Mittel lediglich zu satzungsgemäßen Zwecken einsetzen.

Sowohl die Urlaubs- als auch die Zusatzversorgungskasse haben bereits mehrfach an einer Messe der Maler- und Lackiererhandwerksbranche teilgenommen und dort für die Vorteile der Kassen geworben, darüber hinaus besteht ein Imagefilm, in welchem das Maler- und Lackiererhandwerk angesichts der zusätzlichen Altersversorgung und des Schutzes, der durch die Malerkassen vermittelt würde, angepriesen wurde. Zusätzlich wurde anlässlich einer Messe auch ein Lied über die Malerkasse aufgenommen, welches auf der Plattform Youtube verfügbar ist.

Die Kläger machten nun geltend, dass sie einen Anspruch gegen die beiden Kassen hinsichtlich der Höhe der für diese Werbeaktionen ausgegebenen Gelder hätten. Außerdem seien die Kassen nicht dazu berechtigt, für derartige satzungswidrige Zwecke Beitragsmittel zu verwenden.

Sowohl das erstinstanzlich befasste Arbeitsgericht Wiesbaden als auch das Hessische Landesarbeitsgericht wiesen die Klagen zurück. Daraufhin wandten sich die Kläger an das Bundesarbeitsgericht, ihre Revision hatte jedoch keinen Erfolg.

Gründe

Die Kläger stützen ihren Auskunftsanspruch auf eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz. Dies lehnte das Bundesarbeitsgericht ab, da eine Verletzung der in Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz festgesetzten Koalitionsfreiheit nicht gegeben sei. Obendrein sei ohnehin fraglich, ob die Handlungen der Urlaubskasse und der Zusatzversorgungskasse als gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien diesen überhaupt zuzurechnen wären.

Darüber hinaus hat das Bundesarbeitsgericht eine Verletzung der verschiedenen Kläger in ihren subjektiven Rechten verneint. Der klagende Arbeitgeberverband (Kläger zu 1.) sei lediglich eine potenzielle Tarifvertragspartei. Hinsichtlich des klagenden Betriebes (Kläger zu 2.) und des gewerblichen Arbeitnehmers (Kläger zu 3.) waren die Kläger der Ansicht, dass sich ein Auskunftsanspruch aus dem Umstand, dass die Sozialkassentarifverträge auch für diese beiden Kläger gelten würden, ergeben würde.

Einen Auskunftsanspruch hat das Bundesarbeitsgericht dennoch für alle drei Kläger verneint, da die Kassen mit den angegriffenen Maßnahmen eine sachdienliche und satzungsgemäße Öffentlichkeitsarbeit betreiben würden und aus keinerlei rechtlichen Aspekten Auskunftsansprüche der Kläger zu bejahen seien. Darüber hinaus verneinte das Bundesarbeitsgericht einen bei den Klägern gelagerten Schaden, sodass auch etwaige künftige Schadensersatzansprüche gegen die beiden Kassen nicht bestehen könnten.

Bewertung

Das Bundesarbeitsgericht hat vorliegend entschieden, dass gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien gegenüber Dritten, die nicht einer der Tarifvertragsparteien angehören, keine Auskunftsansprüche zu den Kosten ihrer Öffentlichkeitsarbeit erteilen müssen.

Im Rahmen von Tarifverträgen können beide Parteien beschließen, gemeinsame Einrichtungen zu errichten, wie etwa eine Urlaubskasse. Die dafür benötigten finanziellen Mittel werden durch die beitragspflichtigen Arbeitgeber beschafft. Diese Mittel dürfen lediglich zu satzungsgemäßen Zwecken verwendet werden, wozu auch die Betreibung von Öffentlichkeitsarbeit gehören kann, wie vorliegend in Form der verschiedenen Maßnahmen geschehen. Welche Kosten dabei konkret entstanden sind, können jedoch dritte Parteien, die nicht den Tarifverträgen unterworfen sind, nicht erfragen, wie das Bundesarbeitsgericht nun urteilte.

Dr. iur. Christoph Roos
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Unsere Fachanwälte in Bonn betreuen seit vielen Jahren sowohl Arbeitgeber- als auch die Arbeitnehmerseite zu allen entscheidenden arbeitsrechtlichen Fragen. Lesen Sie mehr zu den Tätigkeitsschwerpunkten unserer Kanzlei unter www.rnsp.de.

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