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Reiserecht: Rückerstattung von Hotelkosten wegen eines coronabedingten Beherbergungsverbots

Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.03.2024 – VIII ZR 363/21, Pressemitteilung Nr. 48/2024 vom 06.03.2024

Hintergrund

Die Klägerin hatte im Oktober 2019 ein Hotel in Lüneburg für sich und vier Mitreisende für einen dreitägigen Zeitraum ab dem 14.05.2020 gebucht. Die Reise diente touristischen Zwecken, umfasste die Buchung von drei Doppelzimmern und war ohne eine Option zur Stornierung abgeschlossen worden. Den Hotelpreis zahlte die Klägerin im Voraus.

Am 07.05.2020 erklärte die Klägerin in einer E-Mail gegenüber der Beklagten, dass sie die Buchung stornieren und das Beherbergungsentgelt zurückverlangen würde. Die Niedersächsische Landesregierung hatte einen Beschluss geäußert, welcher Einschränkungen für das touristische Reisen enthielt und bis zum 25.05.2020 gelten sollte.

Die Beklagte verweigerte zum einen die Rückzahlung der Hotelkosten und lehnte auch eine Verschiebung der Buchung in das Jahr 2021 ab. Sie bot der Klägerin lediglich eine Umbuchung der Reise auf einen Zeitraum nach Aufhebung der Beschränkungen, spätestens jedoch bis zum 30.12.2020 an.

Daraufhin wandte sich die Klägerin an das Amtsgericht Charlottenburg, welches ihrer Klage weitestgehend stattgab. Die Beklagte legte dagegen Berufung beim Landgericht Berlin und – als dies ohne Erfolg blieb – Revision beim Bundesgerichtshof ein. Jedoch blieb sie auch dort ohne Erfolg.

Gründe

Der Bundesgerichtshof hat der Klägerin einen Rückerstattungsanspruch hinsichtlich der gezahlten Hotelkosten zugestanden, da die Klägerin mit ihrer Mail vom 07.05.2020 wirksam von dem Beherbergungsvertrag zurückgetreten sei.

Aufgrund der am 08.05.2020 erlassenen Niedersächsischen Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie, welche in § 1 Abs. 4 Satz 1 ein generelles Verbot der Beherbergung von Gästen zu touristischen Zwecken enthielt, war es der Beklagten nicht erlaubt, zu dem maßgeblichen Zeitraum vom 14. – 16.05.2020 die Klägerin und ihre Mitreisenden in ihrem Hotel zu beherbergen.

Daher war der Beklagten die vertraglich geschuldete Leistung aus rechtlichen Gründen unmöglich geworden. Vorliegend war das von der niedersächsischen Landesregierung ausgesprochene Beherbergungsverbot als dauerhaftes Leistungshindernis anzusehen, da dadurch der Beklagten die Unterbringung der Klägerin und ihrer Mitreisenden verboten war.

Die Klägerin hatte die Reise für einen kalendermäßig bestimmten Zeitraum gebucht, womit sie zum Ausdruck gebracht hatte, dass ihr Interesse an der Bereitstellung des Hotelzimmers auf diesen Zeitraum bezog. Es konnte der Klägerin auch nicht zugemutet werden, das weitere Geschehen der Corona-Pandemie und der daran geknüpften Verbote abzuwarten und auf ein Entfallen des Beherbergungsverbotes nach dem 25.05.2020 zu warten, da die weitere Entwicklung der staatlichen Maßnahmen nicht absehbar war.

Die Tatsache, dass die Klägerin bereits am 07.05.2020 von dem Vertrag zurückgetreten war, die Verordnung jedoch erst am 08.05.2020 erlassen wurde, ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht schädlich, da zu dem Zeitpunkt der Rücktrittserklärung bereits offensichtlich war, dass eine Rücktrittslage aufgrund eines unbehebbaren Leistungshindernisses, namentlich des Beherbergungsverbotes, bestehen würde. Die bis dahin erfolgte Entwicklung der Pandemie und die dadurch bedingten öffentlich-rechtlichen Beschränkungen, die von der Niedersächsischen Landesregierung in Form eines Stufenplans eingeführt wurden, ließen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Schluss zu, dass zum fraglichen Zeitraum der Hotelbuchung eine Übernachtung noch nicht wieder erlaubt sein würde.

Bewertung

Das Urteil des Bundesgerichtshofs reiht sich ein in eine Fülle von im Kontext der Corona-Pandemie ergangener Rechtsprechung. Lesen Sie hier etwa ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu der Stornierung einer Pauschalreise im Rahmen der Pandemie.

Ein Rücktrittsrecht kann zum Beispiel bestehen, wenn die geschuldete Leistung, also im vorliegenden Fall etwa die Zahlung der Hotelübernachtung oder respektive die Überlassung des Hotelzimmers, für eine Partei unmöglich geworden ist. Dies statuiert § 326 Abs. 5 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Unmöglich geworden ist eine Leistung, wenn sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen von niemandem erbracht werden kann.

Vorliegend konnte die Beherbergung von Gästen zu touristischen Zwecken aufgrund der niedersächsischen Verordnung aus rechtlichen Gründen nicht erbracht werden. Deshalb stand der Klägerin ein Rücktrittsrecht zu, und sie konnte ihre Vorauszahlung zurückfordern, obwohl sie das Hotel ursprünglich ohne eine Stornierungsoption gebucht hatte.

Matthias Gollor
Anwalt für Reiserecht

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