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Arbeitsrecht: Keine Benachteiligung bei nur einmaliger Einladung eines Schwerbehinderten zu Vorstellungsgespräch für zwei identische Stellen

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.06.2020 – 8 AZR 75/19, Pressemitteilung Bundesarbeitsgericht Nr. 18/20

Hintergrund

Im März 2017 hatte die Regionaldirektorin Berlin-Brandenburg der Beklagten intern zwei Stellen mit identischem Anforderungsprofil (und identischem Auswahlverfahren) als Personalberater für die Standorte Berlin-Mitte und Cottbus ausgeschrieben.

Der bei der Beklagten bereits langjährig beschäftigte Kläger bewarb sich auf beide ausgeschriebenen Stellen. Eingeladen wurde der Kläger zum Vorstellungsgespräch jedoch nur für die Stelle in Berlin-Mitte. Er wurde beim Vorstellungsgespräch darauf hingewiesen, dass die Ergebnisse des Vorstellungsgesprächs zugleich für die Besetzung der Stelle in Cottbus verwandt werden, und der Kläger hierfür nicht zum Vorstellungsgespräch erscheinen müsse. Im Ergebnis erhielt der Kläger jedoch keine der beiden Stellen und klagte.

Er begehrte von der Beklagten eine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (§ 15 Abs. 2 AGG) mit der Begründung, er sei zuwider der Bestimmungen des Sozialgesetzbuch IX und des AGG durch die Nichteinladung zum zweiten Vorstellungsgespräch für die Stelle in Cottbus wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert worden.

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Das Landesarbeitsgericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe eines auf der potentiellen Stelle erzielbaren Bruttomonatsentgelts.

Hiergegen wandte sich nun die Beklagte erfolgreich im Revisionsverfahren vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG).

Gründe

Der Achte Senat lehnte eine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung des Klägers ab. Das BAG stimmte dem Kläger auf Grundlage von § 82 S. 2 SGB IX aF zwar zu, dass ein öffentlicher Arbeitgeber, dem die Bewerbung eines offensichtlich nicht ungeeigneten Schwerbehinderten oder einer gleichstehenden Person zugeht, den Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einladen muss, jedoch sei in diesem speziellen Fall die Beklagte diesem Erfordernis dadurch in ausreichender Weise nachgekommen, dass der Kläger nur zu einem Vorstellungsgespräch bei gefordertem identischen Anforderungsprofil und identischem Auswahlverfahren eingeladen wurde. Zudem gehörte auch die Regionaldirektorin Berlin-Brandenburg beiden Auswahlkommissionen an.

Bewertung

Das BAG macht mit seiner Entscheidung deutlich, dass der öffentliche Arbeitgeber – hier eine Agentur für Arbeit – ihrer aus § 82 S. 2 SGB IX aF resultierenden Pflicht hinreichend Rechnung trägt, wenn ein schwerbehinderter Bewerber für eine anforderungsgleiche Stelle bei identischem Auswahlverfahren nur einmal zum Vorstellungsgespräch geladen wird und die Ergebnisse dieses Gesprächs in das andere Auswahlverfahren mit einfließen.

Die Entscheidung ist insoweit auch interessengerecht. Es ist nämlich gerade nicht ersichtlich, worin eine Benachteiligung liegen soll, wenn ein entsprechender Bewerber sich nicht zweimal präsentieren kann.

Dr. iur. Christoph Roos
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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