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Arbeitsrecht/Sozialrecht: Ohne Betriebssitz in Deutschland kein Kurzarbeitergeld für Leiharbeitsfirmen

Landessozialgesetz Bayern, Beschluss vom 04.06.2020 – L 9 AL 61/20 B ER, Pressemitteilung Landessozialgericht Bayern Nr. PM 04-2020

Hintergrund

Das antragstellende Leiharbeitsunternehmen mit Sitz im europäischen Ausland beschäftigt 350 Flugbegleiter und stellt diese als Leiharbeitnehmer in Fluglinien eines internationalen Luftfahrtkonzern zur Verfügung.

Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit hatte vor 2019 eine fehlende Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung angeprangert, jedoch trat das Unternehmen dem mit dem Argument entgegen, keinen Sitz in Deutschland zu haben. Im Frühjahr 2019 kam es zum Abschluss eines Sozialplans mit der Gewerkschaft Ver.di im Rahmen einer Stilllegung und dauerhaften Einschränkung inländischer Stationierungsstandorte.

Ende März 2020 zeigte das Unternehmen nach dem Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld bei der Bundesagentur für Arbeit in Saarbrücken einen Arbeitsausfall an und beantragte im Anschluss – so läuft das Verfahren für Kurzarbeitergeld – einen Anerkennungsbescheid. Dieser wurde jedoch abgelehnt. Der hiergegen erhobene Widerspruch war bis zum Ergehen des hier besprochenen Beschlusses nicht entschieden. Ende April 2020 wandte sich das Unternehmen unter Angabe derselben Betriebsnummer auch an die Bundesagentur für Arbeit in München und zeigte auch dort einen Arbeitsausfall an – auch hier liegt noch keine Entscheidung vor.

Kurz darauf stellte das Unternehmen jedoch einen Antrag auf Eilrechtsschutz vor dem Sozialgericht München mit dem Begehren, die Bundesagentur für Arbeit zur Erteilung eines Anerkennungsbescheides zu verpflichten. Diesen Antrag lehnte das SG ab. Auch die hiergegen eingelegt Beschwerde vor dem Landessozialgericht (LSG) blieb nun erfolglos.

Gründe

Das LSG lehnte das Vorliegen der betrieblichen Voraussetzung ab. Erforderlich sei nämlich eine gefestigte betriebliche Struktur im Inland. Auch das EU-Recht und das Grundgesetz sprächen nicht gegen eine solche Auslegung. Zudem lasse der im Jahre 2019 beschlossene Sozialplan bereits den Verdacht zu, dass die Arbeitsplätze nicht erst durch die Corona-Pandemie gefährdet sind. Ist also bereits der Wegfall von Arbeitsplätzen geplant, greift der Schutz des Kurzarbeitergeldes nicht, so die bayrischen Richter.

Bewertung

Liest man den für die Betrieblichen Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld maßgeblichen § 97 SGB III, kommt man mit der Beantwortung der streitgegenständlichen Frage erstmal nicht sehr weit. Denkt man aber auch an den Sinn und Zweck und die Historie der Norm und des Gesetzes, wird schnell deutlich, wer hier erfasst seien soll: Eben Betriebe mit einem Sitz im Inland. Verstöße insbesondere gegen Grundfreiheiten nach dem EU-Recht erscheinen nicht vorliegend zu sein. So sehen es auch die bayrischen Richter.

Dr. iur. Christoph Roos
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Sozialrecht

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