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Arbeitsrecht: Steuerberater muss 1.500 EUR wegen Diskriminierung zahlen

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.12.2019 – Az.: 3 Sa 132/19

Hintergrund

Die Klägerin hatte sich auf eine durch eine Steuerberatungsgesellschaft ausgeschriebene Ausbildungsstelle (Kauffrau für Büromanagement) beworben. Ihr Lebenslauf enthielt ein Bewerbungsfoto, auf dem sie ein Kopftuch trägt. Die Klägerin ist muslimischen Glaubens, alleinerziehende Mutter und war zum Zeitpunkt der Bewerbung nach einem abgebrochenen Studium Bezieherin von Leistungen nach dem SGB III.

Auf die Bewerbung der Klägerin reagierte der Geschäftsführer der Steuerberatungsgesellschaft mit der Aussage, dass es sich hierbei ja um ein „Alibischreiben für ALG II“ handelt. Zudem äußerte der Geschäftsführer gegenüber der Klägerin, bei zukünftigen ernst gemeinten Bewerbungen auf den „Kopfschmuck“ zu verzichten.

Das Vorgehen des Beraters blieb nicht folgenlos. Zweitinstanzlich wurde nun durch das Landesarbeitsgericht (LAG) mit Urteil vom 16. Dezember 2019 eine Pflicht zur Zahlung in Höhe von 1.500 EUR festgeschrieben.

Gründe

Die Richter bezogen sich auf das in § 7 Abs. 1 des Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) niedergelegte Benachteiligungsverbot,

„(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.“,

und gestanden der Klägerin auf Grundlage von § 15 AGG eine Entschädigung in Höhe von 1.500 EUR zu. Der Betrag entspricht dem 2,4-fachen Betrag des Monatsgehaltes einer Auszubildenden.

Insbesondere mit der Argumentation nur einen „väterlichen Rat“ respektive einen freundschaftlichen Rat geben zu wollen, die Bewerbung nicht nachvollziehen zu können und zumeist bei anderen Arbeitgebern/Lehrbetrieben eher Ablehnung gegenüber dem Tragen eines Kopftuches beobachten zu können, konnte der Geschäftsführer der Steuerberatungsgesellschaft vor den Arbeitsrichtern nicht durchdringen und die Entscheidung verhindern. Wörtlich äußerte der Geschäftsführer im Verfahren: „wenn man schon so einen katastrophalen Lebenslauf habe, solle man die geringen Chancen nicht noch dadurch minimieren, dass man während der Arbeitszeit ein Kopftuch mit aller Gewalt durchsetzen wolle“.

Das Gericht sah nicht mal im Ansatz einer Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung gegenüber der tatsächlich dann eingestellten Bewerberin. Insbesondere durch die Äußerungen vor Gericht habe sich der Beklagte nicht mal einer sachlichen Begründung genähert.

Bewertung

Die Entscheidung der rheinland-pfälzischen Richter ist auf Grundlage der genannten Normen folgerichtig. Es erhellt sich nicht, wie der Vortrag der Beklagtenseite auch nur im Ansatz zu rechtfertigen seien soll. Indes mag es auch prozesstaktisch fraglich erscheinen, warum auf der – rechtswidrigen – Position ausgeharrt wird.

Klar ist, dass jede mittelbare oder unmittelbare Benachteiligung wegen eines Grundes des § 1 AGG grundsätzlich verboten ist. Hieran hat sich die Arbeitgeberseite zu orientieren und in dieser Weise zu verfahren.

Claudia Lorig
Fachanwältin für Arbeitsrecht

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