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Medizinrecht: Liposuktion und NIPT werden Kassenleistung

Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) vom 19.09.2019

Inhalt des Beschlusses

Der Gemeinsame Bundesausschuss hat einstimmig beschlossen, dass Liposuktionen bei Lipödemen des Stadiums 3 von nun an Kassenleistungen sein werden. Auch die nichtinvasive Pränataldiagnostik wird zur Kassenleistung.

Liposuktion bei Lipödem des Stadiums 3

Damit die Leistungen übernommen werden, müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein.

  • Der Body-Mass-Index der Patientin muss unter 35 liegen, damit eine Liposuktion bei Lipödem im Stadium 3 durchgeführt wird. Zudem muss bei der Patientin in den letzten sechs Monaten vor der Indikationsstellung zur Liposuktion eine ärztlich verordnete und kontinuierlich durchgeführte, konservative Therapie vorgenommen worden sein, die die Krankheitsbeschwerden nicht hinreichend lindern konnte.
  • Besteht bei der Patientin ein Body-Mass-Index zwischen 35 und 40, darf die Liposuktion nur vorgenommen werden, wenn die konservative Behandlung keinen Erfolg hatte und darüber hinaus auch die Adipositas behandelt wird.
  • Liegt der Body-Mass-Index der Patientin über 40, soll keine Liposuktion zu Lasten der Krankenkassen mehr durchgeführt werden. Die Behandlung ist nur noch in medizinisch begründeten Ausnahmefällen möglich.

Die Regelung ist vorerst bis zum 31.12.2024 befristet. Bis dahin werden die Ergebnisse der vom Gemeinsamen Bundesausschuss in die Wege geleiteten Erprobungsstudie erwartet. Sobald die Ergebnisse vorliegen, wird abschließende für alle Stadien der Erkrankung über diese Methode entschieden.

Nichtinvasive Pränataldiagnostik

Die nichtinvasive Pränataldiagnostik, genauer gesagt der molekularbiologische Bluttest (NIPT) zur Pränataldiagnostik auf Trisomie 21 und verschiedene andere Gendefekte, wird ebenfalls mit deutlicher Mehrheit (es lag lediglich eine Enthaltung vor) als Kassenleistung zugelassen.

Bei einem NIPT handelt es sich um einen Test, der im Blut der Schwangeren vorhandene, zellfreie fetale DNA isoliert und molekulargenetisch analysiert. Nur Tests mit einer ausweislich sehr hohen Testgüte dürfen verwendet werden.

Die Kosten werden zukünftig erstattet, wenn bei der ärztlichen Schwangerenbetreuung die Frage aufkommt, ob eine fetale Trisomie vorliegen könnte und diese für die Schwangere eine unzumutbare Belastung darstellen könnte. Das Risiko einer Fehlgeburt, das bei einer invasiven Untersuchung besteht, soll so vermieden werden.

Der NIPT steht nicht sofort als Kassenleistung zur Verfügung, obwohl dies in den Medien berichtet wurde.

Bevor der Test zur Verfügung steht, muss das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen die Versicherteninformation erarbeiten. Dies ist zwingend vorgeschrieben. Die ärztliche Beratung der Schwangeren soll so schon vor dem Test unterstützt werden. Das Institut hat hierfür bis Ende des kommenden Jahres Zeit.

Eine Durchführung von NIPTs als Kassenleistung ist erst möglich, wenn der Bundesminister für Gesundheit seine Zustimmung erteilt hat.

Zulasten der GKV kann der NIPT nur in begründeten Einzelfällen durchgeführt werden, wenn eine Schwangerschaft mit besonderem Risiko vorliegt und eine intensive Beratung und Aufklärung durchgeführt worden ist.

So soll verhindert werden, dass der NIPT als „ethisch unvertretbares Screening“ eingesetzt wird. Die sehr engen Voraussetzungen werden im Rahmen der Mutterschafts-Richtlinien eindeutig geregelt.

Sind eine Amniozentese oder eine Chorionzottenbiopsie notwendig, kann der Test nicht zulasten der GKV vorgenommen werden.

Bewertung

Die Beschlussfassungen des Gemeinsamen Bundesausschusses hinsichtlich Liposuktion und NIPT sind zu begrüßen.

Der Beschluss zur Liposuktion wird einer langjährigen Forderung aus der medizinischen Praxis gerecht, die gezeigt hat, dass die Liposuktion, wenn auch leistungsrechtlich treffend als ultima ratio ausgestaltet, häufig der einzig gangbare Weg ist, die Beschwerden der Betroffenen zu lindern.

Die Aufnahme der nicht-invasiven Trisomie 21 etc. Diagnostik in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung stellt eine sinnvolle, gegenüber bisherigen invasiven Methoden hinsichtlich des Abortrisikos deutlich risikoärmere Ergänzung zum Ausschluss von genetisch bedingten Erkrankungen in Risikokonstellationen dar.

Heiner Fey
Rechtsanwalt

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