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Arbeitsrecht/Steuerrecht: Bundesfinanzhof bestätigt neues Reisekostenrecht

Bundesfinanzhof, Urteile vom 04.04.2019 – 6 AZR 329/18; 10.04.2019 – VI R 6/17; 11.04.2019 – VI R 40/16 u.a.; Pressemitteilung Bundesfinanzhof Nr. 43 vom 18.07.2019

Hintergrund

Der Bundesfinanzhof hat mit mehreren Urteilen das seit 2014 geltende Reisekostenrecht bestätigt und klargestellt, dass aus seiner Sicht keine verfassungsrechtlichen Bedenken an der gesetzgeberischen Entscheidung bestehen.

Grundsätzlich sind beruflich veranlasste Fahrtkosten nichtselbstständig Beschäftigter in der Höhe des tatsächlichen Aufwands als Werbungkosten absetzbar. Eine Beschränkung dieses Grundsatzes erfolgt durch die Entfernungspauschale in Höhe von 0,30 EUR pro gefahrenen Kilometer mit dem PKW.  Nach der neuen Rechtslage wird der Arbeits- respektive der Dienstort als sogenannte „erste Tätigkeitsstätte“ definiert. Bisher enthielt das Gesetz die Bezeichnung „regelmäßige Arbeitsstätte“. Die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte erfolgt nach der neuen Rechtlage durch den Arbeitgeber, vgl. dazu § 9 Abs. 4 EStG. Damit kommt es nicht mehr auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit an, wie es zuvor der Fall war. Auswirkung hat diese Neuregelung auf die Entfernungspauschale (vgl. dazu § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 1 und 2 EStG) und die Verpflegungspauschale (vgl. dazu § 9 Abs. 4a EStG).

Zum Urteil VI R 27/17:

Der klagende Polizist war im Einsatz-und Streifendienst tätig. Seine Tätigkeit in der Polizeidienststelle beschränkte sich auf die Vor-und Nachbereitung dieser Einsätze. In seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2015. Hinsichtlich der Fahrtkosten und der Verpflegung richtete er sich bei seinen Angaben nach den Reisekostengrundsätzen der bis 2013 höchstrichterlichen Rechtsprechung. Das Finanzamt billigte dem Polizisten Fahrtkosten nur in Höhe der Entfernungspauschale an. Die Klage des Polizisten vor dem FG blieb erfolglos.

Diese Entscheidung bestätigte der Bundesfinanzhof (BFH) mit seinem aktuellen Urteil.

Gründe zum Urteil VI R 27/17

Der BFH betonte wie oben bereits erörtert, dass sich der Ort der ersten Tätigkeitsstätte nach der arbeitsvertraglichen oder dienstrechtlichen Zuordnung richtet und der qualitative Schwerpunkt der Tätigkeit nicht entscheidungserheblich für die Entfernungspauschale und die Verpflegungspauschale ist. Es sei ausreichend, so der BFH über den Gesetzeswortlaut hinaus, dass der Arbeitnehmer Tätigkeiten in geringem Umfang erbringt. Eben solche Tätigkeiten in einem geringen Umfang bejahte der BFH bei der Tätigkeit des Polizisten in Gestalt der Vor-und Nachbereitung seiner Einsätze.  Mit dem Verweis auf eine fehlende Überschreitung des Regelungsermessens respektive der dem Gesetzgeber zugebilligten Einschätzungsprärogative verneinte der BFH mögliche verfassungsrechtliche Bedenken. Denn die Arbeitnehmer, so der BFH, hätten die Möglichkeit, sich auf die immer gleichen Weg einzustellen, um entsprechende Kosten zu senken.

Zum Urteil VI R 40/16:

Eine Pilotin hatte in ihrer Steuererklärung gemäß der höchstrichterlichen Rechtsprechung nach Dienstreisegrundsätzen Fahrtkosten zwischen ihrer Wohnung und dem Flughafen sowie Verpflegungsmehraufwendungen geltend gemacht. Die Pilotin flog weitgehend Interkontinentalflüge. Jedoch auch sie bekam keine Anerkennung durch Finanzamt und Finanzgericht. Auch der BFH folgte dieser Vorbewertung. Denn auch die Pilotin erbrachte in Gestalt der Vor-und Nachbereitung der Flüge Tätigkeiten – wenn auch im geringen Umfang  – an der durch den Arbeitgeber bestimmten ersten Tätigkeitsstätte – dem Flughafen respektive dem Flughafengelände.

Zu den Urteilen VI R 36/16 und VI R 6/17:

In diesen Verfahren stellte der BFH klar, dass bei befristeten Arbeitsverhältnissen bei einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung eine erste Tätigkeitsstätte vorliegt, und bei Versetzung an eine andere Tätigkeitsstelle keine neue erste Tätigkeitsstelle vorliegt, und in diesen Fällen wieder die Dienstreisegrundsätze Anwendung finden.

Bewertung

Entscheidende Essenz aus den Urteilen ist die Feststellung, dass auch seitens der höchsten Finanzgerichtsbarkeit keine Bedenken gegen die gesetzgeberische Entscheidung in Gestalt des seit 2014 geänderten Reisekostenrechts bestehen. Auch wenn hierdurch bestimmte Berufsgruppen benachteiligt werden, steht der BFH zu der gesetzgeberischen Entscheidung.

Dr. iur. Christoph Roos
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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