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Arbeitsrecht: Kündigung einer ungeimpften MFA bereits vor Geltung der Impfpflicht wirksam

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30.03.2023 – 2 AZR 309/22, Pressemitteilung Nr. 18/23 vom 30.03.2023

Hintergrund

Die als medizinische Fachangestellte tätige Klägerin war seit Februar 2021 auf verschiedenen Stationen des Krankenhauses der Beklagten zur Patientenversorgung eingesetzt. Sie war nicht bereit, sich einer Impfung gegen SARS-CoV-2 zu unterziehen und nahm entsprechende Impfangebote ihrer Arbeitgeberin nicht wahr. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis ordentlich fristgemäß zum 31. August 2021.

Hiergegen hat sich die Klägerin mit ihrer Klage gewandt und insbesondere geltend gemacht, die Kündigung verstoße gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB. Die Vorschrift enthält ein Maßregelungsverbot des Arbeitgebers, wenn der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Vor Wirksamwerden der ab dem 15. März 2022 geltenden Pflicht zur Vorlage eines Impf- oder Genesenennachweises für das Krankenhauspersonal („Impfpflicht“) sei sie nicht zu einer Impfung verpflichtet gewesen.

Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte vor dem Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg.

Gründe

Die Kündigung der Beklagten war wirksam. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Kündigung nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verstößt. Es fehlt an der dafür erforderlichen Kausalität zwischen der Ausübung von Rechten durch den Arbeitnehmer und der benachteiligenden Maßnahme des Arbeitgebers.

Das wesentliche Motiv für die Kündigung war nicht die Weigerung der Klägerin, sich einer Impfung gegen SARS-CoV-2 zu unterziehen, sondern der beabsichtigte Schutz der Krankenhauspatienten und der übrigen Belegschaft vor einer Infektion durch nicht geimpftes medizinisches Fachpersonal. Dabei ist es rechtlich ohne Bedeutung, dass die Kündigung vor Inkrafttreten der gesetzlichen Impfpflicht erklärt worden ist. Auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten bestehen keine Bedenken an der Wirksamkeit der Kündigung.

Bewertung

Aus dem Wortlaut der Vorschrift des § 612a BGB ergibt sich, dass die benachteiligende Maßnahme des Arbeitgebers in einem kausalen Zusammenhang mit der Rechtsausübung des Arbeitnehmers stehen muss, damit die Maßnahme verboten ist.

Dies war vorliegend jedoch nicht der Fall. Die Maßnahme des Arbeitgebers, also die Kündigung, erfolgte nicht aufgrund der Impfverweigerung der Klägerin, wozu sie vor Geltung der Impfpflicht für Krankenhauspersonal noch berechtigt war.

Vielmehr wurde die Kündigung von der Arbeitgeberin damit begründet, dass Krankenhauspatienten und die übrige Belegschaft durch ungeimpftes Personal gefährdet sei. Damit war die Kündigung auch unabhängig von dem Bestehen einer gesetzlichen Impfpflicht wirksam.

Julia Wulf
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Unsere Fachanwälte in Bonn betreuen seit vielen Jahren sowohl Arbeitgeber- als auch die Arbeitnehmerseite zu allen entscheidenden arbeitsrechtlichen Fragen. Lesen Sie mehr zu den Tätigkeitsschwerpunkten unserer Kanzlei unter www.rnsp.de.

 

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