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Sozialrecht: Kindertagesstätte darf Betreuungsverträge ohne Angabe von Gründen kündigen

Landgericht Koblenz, Urteil vom 24.11.2022 – 3 O 37/22

Hintergrund

Bei den Klägern handelt es sich um die Eltern von drei nicht schulpflichtigen Kindern, die ihre Kinder bei der Beklagten, einer privaten Kindertagesstätte betreuen ließen. In dem Betreuungsvertrag ist vorgesehen, dass beide Seiten den Betreuungsplatz mit einer Frist von drei Monaten kündigen können. Im Oktober 2021 kündigte die Kindertagesstätte die Betreuungsplätze für alle drei Kinder ohne Begründung zum Ende Januar 2022.

Die Eltern verlangten daraufhin klageweise, dass die Betreuung fortgesetzt werde. Eine Kündigung ohne besonderen Grund sei nicht zulässig und die Vertragsklausel, die das Kündigungsrecht beider Parteien regelt, sei ungültig. Durch die Unterbrechung der Betreuung würde die Entwicklung der Kinder behindert, weshalb eine Kündigung nur unter Nennung besonderer Gründe zumutbar sei, die nach Ansicht der Eltern nicht gegeben seien.

Die Beklagte hielt an der Kündigung fest und begründete dies mit der vertraglichen Regelung zum Kündigungsrecht. Darüber hinaus sei das Verhältnis zur Mutter der Kinder, einer verbal aggressiven Juristin, gestört. Zudem reagierten die Kinder auf Ermahnungen der Erzieherinnen teilweise mit Äußerungen wie „Halt dein Maul“ und „Ich bring dich um“ und verletzten sie mit Schlägen, Tritten, Bisse und terrorisierten andere Kinder. Deshalb seien auch die Kinder in der Betreuung nicht mehr tragbar gewesen.

Die Eltern verhielten sich nicht kooperativ mit der Kindertagesstätte und die Situation sei so weit eskaliert, dass alle Erzieherinnen der Gruppe im Oktober 2021 aufgrund des Verhaltens der Kinder mit der Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses drohten. Es habe daher keine andere Möglichkeit bestanden, als das Betreuungsverhältnis zu kündigen.

Das Landgericht hat die Klage der Eltern abgewiesen, wobei sie gegen die Entscheidung noch Rechtsmittel einlegen können.

Gründe

Die Kündigung der Beklagten ist wirksam. Die vertragliche Vereinbarung, die das Kündigungsrecht der beiden Parteien ohne besonderen Grund regelt, ist nicht zu beanstanden.

Zwar ist den Klägern zuzugeben, dass der Wechsel der Betreuungseinrichtung eine ehrbliche Belastung für die Kinder darstellen wird, allerdings hat gerade eine private Bildungseinrichtung ein Interesse an der freien Gestaltung ihrer Betreuung und damit auch der freien Auswahl der Kinder. Für Privatschulen liegt hinsichtlich dessen bereits höchstrichterliche Rechtsprechung vor.

Dass die Kindertagesstätte sich daher in ihren Allgemeinen Vertragsbedingungen dasselbe Kündigungsrecht einräumt, das auch den Eltern zusteht, ist somit zulässig. Auch ist die Kündigung nicht aufgrund eines besonderen Härtefalls unzumutbar. Eine außergewöhnliche psychosoziale Gefährdung der Kinder durch einen Wechsel der Betreuungseinrichtung ist hier nicht feststellbar.

Eine Kündigung ist nur dann unzulässig, wenn sie willkürlich ist und deshalb gegen das Gebot von Treu und Glauben verstoßen würde, was hier nicht der Fall ist. Die Kommunikation der Mutter in verschiedenen Schreiben an die Kindertagesstätte ist von Vorwürfen und Ankündigungen rechtlicher Konsequenzen geprägt. Dies ist nachvollziehbar nicht mit den pädagogischen Ansätzen der Einrichtung zur Gewährleistung einer vertrauensvollen Erziehungspartnerschaft mit den Eltern zu vereinbaren. Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung der Kindertagesstätte jedenfalls nicht willkürlich.

Bewertung

In der Entscheidung wird dargestellt, dass hinsichtlich des Kündigungsrechts bei privaten und staatlichen Kindertagesstätten ein Unterschied besteht. Private Einrichtungen haben gerade die Freiheit, ihre eigene Philosophie und pädagogischen Ansätze zu verfolgen. Dabei steht die Gewährleistung eines Betreuungsplatzes für das Kind im Gegensatz zu einer staatlichen Einrichtung im Hintergrund.

Vor allem vor dem Hintergrund, dass auch die Eltern anderer Kinder für die Betreuung bei einer privaten Einrichtung finanziell in erheblichem Maße aufkommen, liegt es im Interesse der Kindertagesstätte, eine friedvolle Betreuung und ein vertrauensvolles Miteinander mit den Eltern aufrechtzuerhalten.

Anderes kann selbstverständlich für staatliche Kindertagesstätten gelten. Ob von den Klägerin Rechtsmittel eingelegt werden und ob die nächsthöhere Instanz anders entschieden würde, bleibt abzuwarten.

Konstantin Theodoridis
Fachanwalt für Sozialrecht

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