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Arbeitsrecht: Verlängerung der gesetzlich festgelegten Höchstdauer einer Arbeitnehmerüberlassung durch Tarifvertrag

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 14.09.2022 – 4 AZR 83/21, Pressemitteilung Nr. 37 vom 14.09.2022

Hintergrund

Der Kläger war bei der Beklagten ab Mai 2017 für knapp 24 Monate als Leiharbeitnehmer überlassen. Die Beklagte ist Mitglied im Verband der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg e.V. (Südwestmetall). In ihrem Unternehmen galt daher der zwischen Südwestmetall und der Industriegewerkschaft Metall (IG Metall) geschlossene „Tarifvertrag Leih-/Zeitarbeit“. Der Tarifvertrag regelt u.a., dass die Dauer einer Arbeitnehmerüberlassung 48 Monate nicht überschreiten darf.

Der Kläger will mit seiner Klage festgestellt wissen, dass zwischen ihm und der Beklagten aufgrund Überschreitung der gesetzlichen Höchstüberlassungsdauer kraft Gesetzes (§ 9 Abs. 1 Nr. 1b, § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG) ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen sei. Die gesetzliche Höchstüberlassungsdauer beträgt gemäß § 1 Abs. 1b Satz 1 AÜG 18 aufeinanderfolgende Monate.

1 Abs. 1b Satz 3 AÜG erlaubt wiederum die Vereinbarung einer abweichenden Überlassungshöchstdauer in einem Tarifvertrag. Der Kläger begehrt deshalb auch die Feststellung der Verfassungswidrigkeit jener Regelung.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht wiesen die Klage ab. Die Revision des Klägers hatte vor dem Bundesarbeitsgericht nun keinen Erfolg.

Gründe

Südwestmetall und IG Metall konnten die Überlassungshöchstdauer für den Einsatz von Leiharbeitnehmern bei der Beklagten durch Tarifvertrag mit Wirkung auch für den Kläger und dessen Arbeitgeberin (Verleiherin) verlängern.

Bei § 1 Abs. 1b Satz 3 AÜG handelt es sich um eine vom Gesetzgeber außerhalb des Tarifvertragsgesetzes vorgesehene Regelungsermächtigung, die den Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche nicht nur gestattet, die Überlassungshöchstdauer abweichend von § 1 Abs. 1b Satz 1 AÜG verbindlich für tarifgebundene Entleihunternehmen, sondern auch für Verleiher und Leiharbeitnehmer mittels Tarifvertrags zu regeln, ohne dass es auf deren Tarifgebundenheit ankommt. Die gesetzliche Regelung ist unionsrechts- und verfassungskonform. Die vereinbarte Höchstüberlassungsdauer von 48 Monaten hält sich im Rahmen der gesetzlichen Regelungsbefugnis.

Bewertung

Das Begehren des Klägers beruht auf dem Verständnis, dass keine abweichende Regelung von § 1 Abs. 1b Satz 1 AÜG getroffen werden kann, wenn der Leiharbeitnehmer nicht tarifgebunden ist.

Die Regelung des § 1 Abs. 1b Satz 3, 4 AÜG soll aber gerade zu einer abweichenden Vereinbarung ermächtigen, wobei das Entleihunternehmen selbst nicht tarifgebunden sein muss.

Für das Argument, diese Vorschrift sei verfassungswidrig, findet sich keine Stütze.

Julia Wulf
Fachanwältin für Arbeitsrecht

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