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Arbeitsrecht: Das sogenannte „begrenzte“ Arbeitsverhältnis

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.11.2019 – 7 AZR 582/17, Pressemitteilung Bundesarbeitsgericht Nr. 39/19

Hintergrund

Der Kläger war seit Juli 2000 für die beklagte Gemeinde tätig. Mit Arbeitsvertrag vom 1. April 2006 wurde er als vollbeschäftigter Arbeitnehmer für die Saison jeweils vom 1. April bis 31. Oktober als Badeaufsicht und Reinigungskraft im örtlichen Freibad beschäftigt. Die Beschäftigung und Vergütung erfolgte jeweils nur in den Monaten April bis Oktober – in der Freibadsaison.

Gerichtlich begehrte der Kläger die Feststellung, dass das zwischen ihm und der Gemeinde geschlossene Arbeitsverhältnis aufgrund der im Arbeitsvertrag geregelten Befristungsabrede (vom 1. April 2006) zum 31. Oktober nicht aufgelöst wurde. Er begehrte festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis als ein unbefristetes über das Datum des 31. Oktober 2016 hinaus fortbesteht.

Diesem Begehren folgte keine Instanz, insbesondere nicht das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Revisionsverfahren.

Gründe

Denn, und so begründet das BAG seine Entscheidung, wurde durch die Parteien des Arbeitsvertrages nicht eine Vielzahl befristeter Arbeitsverträge geschlossen, sondern ein einziges Arbeitsverhältnis, das die Arbeits- und Vergütungspflicht auf die Monate April bis Oktober begrenzt.

Eine solche Regelung sah das BAG als wirksam an und verneinte eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB. Denn, und das ist entscheidend, die Beklagte konnte bei Abschluss des Arbeitsvertrages davon ausgehen, das ein Bedarf für die Tätigkeit des Klägers nur in der Freibadsaison besteht.

Das BAG beleuchtet den Sachverhalt anders als das vorinstanzlich entscheidende Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht nicht nach den Maßstäben des Teilzeit- und Befristungsgesetzes. Die Vorinstanzen nahmen an, dass in jedem Jahr ein neues befristetes Arbeitsverhältnis geschlossen wurde. Sie sahen im Übrigen keinen Widerspruch zum Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG und ebenso keinen Widerspruch aus materieller Hinsicht, da ein entsprechender Sachgrund für die Befristung vorlag.

All diese Erwägungen stellte das BAG jedoch hinten an – auch wenn es zum selben Ergebnis kommt.

Mit Verweis auf § 3 TzBfG liegt nämlich kein befristetes Arbeitsverhältnis vor. Der Prüfungsmaßstab ergibt sich nach den Regeln der §§ 305 ff. BGB, so das BAG.

Bewertung

Für die Praxis bedeutet die Entscheidung neue Möglichkeiten. Arbeitgeber werden sich in Zukunft überlegen können, ob sie entsprechende Arbeitsverhältnisse eingehen, die im Ergebnis dem wohl erleichterten Maßstab der §§ 305 ff. BGB unterworfen sind, oder ob sie auf befristete Arbeitsverhältnisse setzen, die dann der Prüfung des TzBfG unterworfen sind und somit hinsichtlich des Sachgrundes strengeren Anforderungen unterliegen.

Dr. iur. Christoph Roos
Fachanwalt für Medizinrecht

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