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Arbeitsrecht: BAG lehnt Schadenersatzanspruch über Entgeltsicherung hinaus bei Heimarbeiter ab

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.08.2019 – 9 AZR 41/19, Pressemitteilung Bundesarbeitsgericht Nr. 28/19

Hintergrund

Der Kläger war für die Beklagte als selbständiger Bauingenieur/Programmierer tätig. Diese Tätigkeit bewerkstelligte er in Heimarbeit.

Klar voneinander abzugrenzen sind die Begrifflichkeiten der Tätigkeit im sog. Home-Office und die Tätigkeit als sog. Heimarbeiter. Gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 HAG  ist Heimarbeiter im Sinne des Gesetzes, „wer in selbst gewählter Arbeitsstätte  (eigener Wohnung oder selbst gewählter Betriebsstätte) allein oder mit seinen Familienangehörigen (Absatz 5) im Auftrag von Gewerbetreibenden oder Zwischenmeistern erwerbsmäßig arbeitet, jedoch die Verwertung der Arbeitsergebnisse dem unmittelbar oder mittelbar auftraggebenden Gewerbetreibenden überlässt“. Hieraus folgt, dass Heimarbeiter gerade nicht als Arbeitnehmer im Sinne von § 611a BGB zu fassen sind. Hier ist trennscharf abzugrenzen und folgerichtig keine Parallele zur Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer zu ziehen. Rechtliche Besonderheiten der Tätigkeit als Heimarbeiter behandelt der hier besprochene aktuelle Fall des Bundesarbeitsgerichts (BAG):

Nach der Entscheidung der Beklagten zur Auflösung und Liquidation ihres Unternehmens wurden dem Kläger seit Dezember 2013 keine weiteren Aufträge erteilt.  Durch Kündigung der Beklagten endete das Heimarbeitsverhältnis dann mit Ablauf des 30. April 2016. Für den Zeitraum zwischen Dezember 2013 und dem 30. April 2016 forderte der Kläger von der Beklagten eine Vergütung in Höhe von knapp 172.000 EUR brutto. Im Übrigen forderte er die Abgeltung von 72 Werktagen Urlaub mit einem Betrag von rund 15.600 EUR brutto.

Nachdem die Vorinstanzen dem Kläger teilweise Recht zusprachen, verlangte der Kläger im Revisionsverfahren vor dem BAG die Zahlung weiterer rund 130.000 EUR brutto wegen nicht Ausgabe von Heimarbeit sowie Urlaubsabgeltung für das Jahr 2014 in Höhe von rund 4100 EUR brutto sowie in Höhe von rund 5200 EUR brutto für das Jahr 2015.

Die Revision hat ausschließlich hinsichtlich der begehrten Urlaubsabgeltung Erfolg.

Gründe

Das  BAG versagte dem Kläger einen Anspruch neben dem Entgelt für die Dauer der fiktiven Kündigungsfrist, da eine Absprache zwischen Kläger und Beklagten hinsichtlich eines genau festgelegten Umfangs zugewiesener Arbeit nach Erkenntnis des BAG nicht bestanden hat. Sie sprach ihm also keinen Anspruch auf Schadenersatz zu.

Das BAG stellt fest, dass Heimarbeiter „grundsätzlich keinen Anspruch auf Ausgabe einer bestimmten Arbeitsmenge“ haben. Jedoch sehe das Heimarbeitsgesetz zwecks Kündigungsschutzes eine Entgeltsicherung vor. So hat der Heimarbeiter gemäß § 29 Abs. 7 HAG einen Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts für die Dauer der Kündigungsfrist. Die Höhe des Entgelts berechnet sich dann nach dem Durchschnittsverdienst der letzten 24 Wochen vor der Kündigung. Grundlage des in der Vorinstanz angenommenen Anspruchs auf Entgelt war § 29 Abs. 7 HAG bei Zugrundelegung einer fiktiven Kündigungsfrist.

Gemäß § 29 Abs. 8 HAG kann der Heimarbeiter alternativ für den Fall, dass der Auftraggeber keine Kündigung ausspricht, ein Entgelt entsprechend der mindestens über ein Jahr regelmäßig erbrachten Arbeit vermindert um 25 % geltend machen.

Die Höhe der geschuldeten Urlaubsabgeltung richtet sich hingegen nach § 12 Nr. 1 BUrlG. Der Berechnung für den Urlaubsabgeltungsanspruch liegt gemäß der Norm für das Streitjahr 2014 der Zeitraum vom 1. Mai 2013 bis zum 30. April 2014 zugrunde. Zur genauen Feststellung des in dieser Zeit erzielten Entgelts verwies das BAG die Sache zurück an das Landesarbeitsgericht.

Jedoch sprach das BAG dem Kläger für das Jahr 2015 einen Urlaubsabgeltungsanspruch in Höhe von rund 1.000 EUR brutto zu.

Bewertung

Das BAG stellt klar, dass im Falle des Ausbleibens von Aufträgen für einen Heimarbeiter ein Entgeltschutz für eine fiktive Kündigungsfrist besteht. Anspruchsgrundlage ist § 29 Abs. 7 HAG. Wie aus der aktuellen Entscheidung hervorgeht, besteht darüber hinaus im Falle mangelnder sonstiger Abreden kein Anspruch auf Schadenersatz. Neben den Anspruch im Sinne des Entgeltschutzes tritt ein etwaiger Anspruch auf Urlaubsabgeltung.

Hagen Albus
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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