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Arzthaftungsrecht: Patient muss fehlerhafte therapeutische Aufklärung beweisen

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 23.03.2018 – 26 U 125/17

Hintergrund

Der Kläger wurde im August 2012 in der beklagten Klinik wegen akuter Hüftbeschwerden ärztlich behandelt. Per Injektion wurde ihm ein Cortison-Präparat in das linke Hüftgelenk verabreicht.Kurz darauf traten –  laut des Klägers – neurologische Ausfälle in seinem linken Bein auf, woraufhin er sich an das Sekretariat des behandelnden Arztes in der Klinik wandte. Nachdem er das Haus der Beklagten verlassen hatte, kam es nach einer Autofahrt zu einem Sturz des Klägers mit der Folge einer Außenknöchelfraktur links, welche stationär und mehrfach operativ behandelt werden musste.

Zwischen den Parteien blieb streitig, welche Hinweise dem Kläger erteilt worden sind.

Der Kläger war der Ansicht, eine ärztliche Inaugenscheinnahme sowie Überprüfung der Wegefähigkeit seien nicht vorgenommen worden. Ihm sei mündlich durch die Sekretärin mitgeteilt worden, er könne nach zwei Stunden den Heimweg ohne Wiedervorstellung beim Arzt antreten. Er sei über die Folgen der Injektion, insb. die eingeschränkte Fahrtüchtigkeit, nicht aufgeklärt worden. Anderenfalls hätte er sich nach der Behandlung abholen lassen, wodurch der spätere Sturz vermieden worden wäre.  Er verlangt nun Zahlung eines Schmerzensgeldes i.H.v. 25.000 € sowie Ersatz eines Verdienstausfallschadens i.H.v. rund 25.000 € von der Beklagten. Das Landgericht wies die Klage ab. Die Berufung des Klägers blieb vor dem Oberlandesgericht ohne Erfolg. Das Berufungsurteil ist noch nicht rechtskräftig, da der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde bei Bundesgerichtshof eingelegt hat (Az. VI ZR 125/17).

Gründe

Das Oberlandesgericht entschied auf Basis nachfolgender Gründe, dass dem Kläger weder vertragliche Ansprüche auf Schmerzensgeldzahlung, Schadensersatz und Feststellung zukünftiger Ersatzpflicht aus dem Behandlungsvertrag gemäß §§ 611, 280 Abs. 1, 278, 249, 253 Abs. 2 BGB noch entsprechende deliktische Ansprüche gemäß §§ 823 Abs. 1, 831, 249, 253 Abs. 2 BGB gegen die Beklagte zustehen.

Es liegt keine fehlerhafte Behandlung des Klägers vor. Die Injektion des Cortison-Präparats verlief fachgerecht und war aufgrund der akuten Beschwerden des Klägers notwendig. Die Ausbreitung des injizierten Narkosemittels im Bereich des linken Oberschenkelnervs und dessen daraus resultierende kurzzeitige Beeinträchtigung waren ärztlicherseits nicht verhinderbar.

Zudem gelang dem Kläger der Beweis einer unzureichenden therapeutischen Aufklärung im Zusammenhang mit der durchgeführten Injektion nicht. Zwischen den Parteien blieb umstritten, ob der Kläger im Rahmen der nach dem Auftreten der neurologischen Reaktion erfolgten Konsultierung des Sekretariats des behandelnden Arztes über das Vorliegen eines kontrollbedürftigen Befundes und die gebotene weitere ärztliche Kontrolle hinreichend informiert worden war. Im Unterschied zu einer therapeutischen Aufklärung eines Patienten dient eine Risiko- oder Selbstbestimmungsaufklärung dazu, dem Patienten die Entscheidung zu ermöglichen, ob und welcher ärztlichen Behandlung er sich unterzieht. Dahingehend trifft die Beweislast den behandelnden Arzt. Die therapeutische Aufklärung hingegen soll den Heilerfolg gewährleisten und einen Schaden abwenden, der dem Patienten durch ein falsches Verhalten nach der Behandlung entstehen kann. Ihre Unzulänglichkeit muss wiederum der Patient beweisen, wenn der Arzt eine vollständige und richtige therapeutische Aufklärung darlegt.

Der Dokumentation der beklagten Klinik ist zu entnehmen, dass dem Kläger mitgeteilt wurde, sich nach Ablauf der zweistündigen Wartezeit erneut einer ärztlichen Kontrolle zu unterziehen. Den Angaben der Sekretärin zufolge war der Kläger nach Ablauf der Wartefrist erfolglos auf dem Klinikgelände gesucht worden. Den von ihm dargestellten, anderen Geschehensablauf, nach dem er lediglich auf die Wartezeit und nicht auf eine gebotene weiter ärztliche Konsultierung verwiesen worden sei, konnte er nicht nachweisen.

Auch konnte der Kläger nicht nachweisen, dass sein Sturz nach der Injektion noch auf die Wirkung des verabreichten Cortison-Präparats zurückzuführen war. Einen derartigen Kausalzusammenhang hat zudem der Sachverständige als sehr unwahrscheinlich bezeichnet.

Bewertung

Die Beweislast einer therapeutischen Aufklärung, welche den Heilerfolg einer Behandlung sichern und die Möglichkeit eines durch falsches Verhalten im Anschluss an die Behandlung entstehenden Schadens minimieren soll, liegt beim Patienten. Ein solcher Nachweis ist diesem vorliegend nicht gelungen, wodurch die Klage abzuweisen ist.

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