
Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 10.04.2025 – 15 U 249/24
Hintergrund
Bei der Beklagten handelt es sich um die Wirtschaftsauskunftei Schufa, die Daten über drei unbestrittene, gegen den Kläger gerichtete Forderungen speicherte. Es handelte sich um Forderungen in Höhe von etwa 150 €, 428 € und 161 €. Die Forderungen wurden seitens des Klägers nach vorheriger Mahnung bzw. Erwirkung eines Vollstreckungsbescheides jeweils mit einer Verzögerung von mehreren Monaten beglichen.
Der Kläger begehrt nun zum einen die Löschung der Einträge über die drei erledigten Forderungen bei der Beklagten und obendrein den Ersatz eines immateriellen Schadens in Höhe von 1.500 €. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 25.11.2023 waren die Forderungen jeweils zwischen einem und knapp über drei Jahren erledigt. Die Beklagte löschte die Einträge jeweils nach Ablauf von drei Jahren.
Das erstinstanzlich befasste Landgericht Bonn wies die Klage ab, da es der Ansicht war, die Datenverarbeitung der Beklagten sei gem. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) rechtmäßig erfolgt. Aufgrund der fortbestehenden Erforderlichkeit einer Datenverarbeitung zum Zwecke der Bonitätsprüfung sei eine Speicherung über einen Zeitraum von bis zu drei Jahren rechtmäßig.
Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Berufung zum Oberlandesgericht Köln ein und rügte unter anderem, dass eine Speicherung über einen Zeitraum von sechs Monaten hinaus – in Anlehnung an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Restschuldbefreiung – unverhältnismäßig sei. Es fehle insbesondere an einem hinreichenden Nachweis der Erforderlichkeit der dreijährigen Speicherfrist durch die Beklagte.
Während des Berufungsverfahrens löschte die Beklagte aufgrund des Ablaufs der Dreijahresfrist auch die verbleibenden Einträge, woraufhin beide Parteien die Klage insoweit übereinstimmend für erledigt erklärten. Die Berufung ist daher auf den Anspruch auf immateriellen Schadensersatz und Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten gerichtet.
Gründe
Die Berufung des Klägers hatte teilweise Erfolg, da das Oberlandesgericht Köln eine unrechtmäßige Verarbeitung personenbezogener Daten bejahte. Die Beklagte hatte die Einträge zu Zahlungsstörungen des Klägers auch nach Begleichung der Forderungen über einen längeren Zeitraum gespeichert und für Dritte abrufbar gehalten. Die fortdauernde Speicherung war rechtswidrig, da eine Interessenabwägung nach Befriedigung der Forderungen nicht mehr erfüllt war.
Maßgeblich dafür ist die gesetzliche Wertung des § 882e Abs. 3 Nr. 1 Zivilprozessordnung (ZPO), wonach solche Einträge nach vollständiger Zahlung zu löschen sind. Diese Pflicht gilt unabhängig davon, ob die Informationen aus dem Schuldnerverzeichnis oder aus anderen Quellen stammen. Gemäß § 882e Abs. 3 Nr. 1 ZPO sind Eintragungen im Schuldnerverzeichnis grundsätzlich nach Ablauf von drei Jahren zu löschen, abweichend davon jedoch bereits früher, wenn dem zuständigen Vollstreckungsgericht die vollständige Befriedigung des Gläubigers nachgewiesen wurde.
In seiner Entscheidung zur Restschuldbefreiung stellte der Europäische Gerichtshof am 07.12.2023 (C-26/22) fest, dass eine über die Speicherfristen öffentlicher Register hinausgehende Verarbeitung personenbezogener Daten durch private Wirtschaftsauskunfteien unzulässig ist. Diese Wertung gilt auch für die Eintragung im Schuldnerverzeichnis gemäß § 882b ZPO.
Dem Kläger ist durch die rechtswidrige Speicherung und Weitergabe der Daten ein immaterieller Schaden in Form einer Rufschädigung entstanden, da die Beklagte nach Ausgleich der Forderungen weiterhin negative Bonitätsinformationen über den Kläger an Vertragspartner übermittelte. Obendrein ist die Beklagte für die Datenverarbeitung verantwortlich.
Bewertung
Die Intransparenz der Fristen, innerhalb derer Schufa-Einträge gelöscht werden, stellt ein datenschutzrechtliches Problem für viele Verbraucher dar. Das Urteil des Oberlandesgerichts Köln schreibt nun vor, dass etwaige Einträge ab dem Zeitpunkt der Zahlung an oder sonstigen Befriedigung des Gläubigers gelöscht werden müssen. Die Maximalfrist von drei Jahren bis zur Löschung bleibt weiterhin bestehen.
Das Oberlandesgericht Köln führte zur Begründung aus, dass die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Informationen über die Erteilung einer Restschuldbefreiung auf den vorliegenden Fall zu übertragen sei. Zwar können die Analysen einer Wirtschaftsauskunftei eine objektive und zuverlässige Bewertung der Kreditwürdigkeit potenzieller Kunden ermöglichen und insoweit Betrugsrisiken und andere Unsicherheiten verringern, jedoch stellt die Speicherung der Daten einen schweren Eingriff in die Grundrechte der betroffenen Person dar, der sich ab dem Zeitpunkt der Schuldenbegleichung nicht mehr rechtfertigen lasse.
Hagen Albus
Anwalt für Datenschutzrecht
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