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Datenschutzrecht: Beweislast für das Bestehen eines Schadens im Falle eines Schadensersatzanspruches

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.10.2024 – 8 AZR 215/23

Hintergrund

Zwischen den Parteien ist ein Anspruch auf Schadensersatz entsprechend der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) aufgrund eines Verstoßes gegen die Auskunftspflicht strittig. Bei den Beklagten handelt es sich zum einen um eine Fitnessstudiobetreiberin, bei der der Kläger als Auszubildender tätig war und zum anderen um den Inhaber des Fitnessstudios.

Der Kläger verlangte von der Beklagten auf Grundlage des Auskunftsanspruchs gemäß Art. 15 DSGVO eine Mitteilung über seine von der Beklagten gespeicherten personenbezogenen Daten. Sein Verlangen konkretisierte sich dabei auf einen privat genutzten USB-Stick des Klägers, den der Fitnessstudioinhaber an sich genommen hatte, da er eine unzulässige Speicherung von Mitgliedsdaten auf dem Stick vermutete.

Auf die Auskunftsanfrage des Klägers hin teilte die Beklagte diesem mit, dass lediglich der Name des Klägers, dessen Geburtsdatum und Anschrift, die erfasste Arbeitszeit und die Arbeitsplatzbeschreibung gespeichert worden seien. Nach Ansicht des Klägers war dem Auskunftsanspruch damit jedoch nicht Genüge getan, da sich weder der Inhalt noch der Umfang der Datenverarbeitung aus der Auskunft ergeben würden. Auf dem USB-Stick seien private Dateien von ihm gespeichert gewesen und er befürchtete einen missbräuchlichen Umgang mit oder eine Weitergabe dieser Daten. Inwiefern die darauf befindlichen Daten von der Beklagten gespeichert worden seien, ergebe sich nicht aus der Auskunft.

Der Kläger machte außerdem geltend, dass er besorgt sei, dass es zu einer Anwendung körperlicher Gewalt seitens des Fitnessstudioinhabers ihm gegenüber kommen könne aufgrund der negativen Reputation der Beklagten im näheren Umfeld. Darüber hinaus beklagte er eine nervliche Belastung durch den Vorfall und eine Beeinträchtigung seiner Schlafqualität. Aufgrund dieses behaupteten immateriellen Schadens machte der Kläger einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 5.000 € gegenüber der Fitnessstudiobetreiberin und dem Inhaber geltend.

Das Arbeitsgericht Villingen-Schwenningen wies die Klage in der ersten Instanz ab, in der Berufungsinstanz sprach das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg dem Kläger eine Zahlung in Höhe von 2.500 € zu. Dagegen legten die Beklagten Revision beim Bundesarbeitsgericht ein – mit Erfolg.

Gründe

Das Bundesarbeitsgericht verneinte das Vorliegen eines Schadens auf Seiten des Klägers, da dieser nicht hinreichend dargelegt worden sei. Ob die Beklagten einen Verstoß gegen den Auskunftsanspruch der DSGVO begangen haben, ließ das Gericht dahinstehen.

Damit ein Schadensersatzanspruch gemäß Art. 82 DSGVO entsteht, muss zunächst ein Verstoß gegen die DSGVO begangen worden und kausal durch diesen Verstoß ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden sein. Dem Schadensersatzanspruch kommt dabei vor allem eine Ausgleichsfunktion zu, einer Abschreckung oder einem strafenden Effekt dienen soll die Schadensersatzzahlung jedoch nicht.

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat bereits in der Vergangenheit festgestellt, dass die Person, die eine Schadensersatzzahlung verlangt, darlegungs- und beweisbelastet ist hinsichtlich des Vorliegens von dessen drei Voraussetzungen. Hinsichtlich des Schadensausmaßes werden keine Erheblichkeitsanforderungen gestellt, so genügt für das Vorliegen eines immateriellen Schadens etwa ein negatives Gefühl wie zum Beispiel eine Befürchtung. Dieses Gefühl muss jedoch seitens des Gerichts als plausibel angesehen werden, es wird also unter Zugrundelegung eines objektiven Maßstabs geprüft, ob das beschriebene Gefühl begründet ist.

Da diese Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu dem Zeitpunkt der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg noch nicht bestand, konnte das Gericht diese nicht berücksichtigen und bejahte daher zu Unrecht das Vorliegen eines Schadens im vorliegenden Fall. In der Berufungsinstanz ließ das Landesarbeitsgericht die „erhebliche Unsicherheit“ des Klägers hinsichtlich des Bekanntwerdens seiner auf dem Stick gespeicherten privaten Daten ausreichen. Nach der aktuellen Rechtsprechung kann jedoch eine solche Unsicherheit für sich genommen nicht ausreichen, der Vortrag des Klägers war hinsichtlich des Vorliegens eines immateriellen Schadens außerdem nicht schlüssig, sondern erheblich übertrieben.

Bewertung

Im Falle einer Verletzung der DSGVO kann bereits ein geringer immaterieller Schaden ausreichen, um einen Schadensersatzanspruch zu begründen. Dass dieser Schaden keinen gewissen Erheblichkeitsgrad erreichen muss, hat der Gerichtshof der Europäischen Union unter anderem im Mai 2023 entschieden, wie Sie hier nachlesen können. Jedoch muss auch ein geringfügiger immaterieller Schaden plausibel dargelegt und bewiesen werden, wofür die Beweislast beim Kläger liegt.

Im vorliegenden Fall hat der Kläger zum einen nicht ausreichend dargelegt, inwiefern es bei ihm zu negativen Gefühlen kam und wieso er seine vermeintlichen Schlafstörungen etwa nicht ärztlich behandeln ließ. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass der Kläger mit seinen Ausführungen übertrieben hatte und die von ihm beschriebenen Angstzustände unschlüssig seien. Außerdem steht die Wegnahme des USB-Sticks in keinem Zusammenhang mit einer Verletzung der Auskunftspflicht nach Art. 15 DSGVO, mit deren Verletzung der Kläger seinen Schadensersatzanspruch begründet.

Im Falle einer DSGVO-Verletzung muss der entstandene materielle oder immaterielle Schaden gerade aus der Verletzung einer der Vorschriften resultieren und kausal auf diese zurückzuführen sein. Außerdem sollte der Schaden nachweisbar und plausibel objektiv begründbar sein, damit das Begehren vor Gericht Erfolg hat.

Dr. iur. Christoph Roos
Anwalt für Datenschutzrecht

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