
Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.06.2024 – V ZR 79/23
Hintergrund
Die Frage, ob eine Altbauwohnung, die bereits bei Übernahme eine erhebliche Wandfeuchtigkeit aufweist, sich dennoch zum Wohnen eignet oder mangelbehaftet ist, beschäftigte in dem vorliegenden Fall den Bundesgerichtshof.
Bei den Beklagten handelt es sich um die ehemaligen Eigentümer von zwei im Souterrain eines Altbaus aus dem Jahre 1904 liegenden Wohnungen, in denen seit dem Jahr 1999 immer wieder Feuchtigkeitsprobleme auftraten und diesbezüglich Sanierungsarbeiten durchgeführt wurden. Im Jahr 2017 boten die Beklagten die Wohnungen zum Verkauf an und teilten in einem Maklerexposé mit, dass die Wohnungen im Jahr 1999 kernsaniert wurden, eine Außenwand Feuchtigkeitsmängel aufweist und die Kosten für die Behebung – wahrheitsgemäß – aufgrund eines Beschlusses der Eigentümerversammlung den Eigentümern der Wohnungen obliegen und nicht von der Eigentümergemeinschaft des Hauses getragen werden. Es wurde ferner angemerkt, dass ein Käufer die Kosten einer Sanierung aufgrund der Mauerwerksfeuchte zu tragen habe und der Kaufpreis dementsprechend angepasst worden sei.
Die Kläger erwarben die Wohnungen im Februar 2018 zu einem Preis von 675.000 €, wobei die Haftung für Sachmängel ausgeschlossen wurde. Der Vertrag enthielt unter anderem einen Passus, in dem festgesetzt wurde, dass der Käufer die Wohnungen im gegenwärtigen, gebrauchten Zustand übernimmt und ihm der Feuchtigkeitsschaden an der Außenwand bekannt ist. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass es sich um einen Altbau aus dem Jahre 1904 handelt und künftige Probleme mit Feuchtigkeit aufgrund der Nähe des Hauses zum Rhein und der Lage der Wohnungen im Souterrain nicht ausgeschlossen werden können. Explizit verweist der Kaufvertrag auch auf den Beschluss der Eigentümerversammlung.
Aufgrund von Arbeiten, die der Beseitigung der Feuchtigkeitsschäden dienten, konnten die Käufer nicht wie geplant am 01.09.2018 in die Wohnung einziehen, weshalb sie nun von den Beklagten Ersatz der Nettokaltmiete und der verbrauchsunabhängigen Nebenkosten ihrer alten Wohnung sowie der verbrauchsabhängigen Nebenkosten der neuen Wohnungen für den Zeitraum bis zum 31.12.2019 verlangen.
Das erstinstanzlich befasste Landgericht Köln und das mit der Berufungsinstanz befasste Oberlandesgericht Köln wiesen die Klagen ab. Daraufhin wandten sich die Kläger mit einer Revision an den Bundesgerichtshof – und hatten Erfolg.
Gründe
Fraglich war zunächst, ob eine Beschaffenheitsvereinbarung hinsichtlich der Wohnungen vorlag, was der Bundesgerichtshof jedoch verneinte und weiter ausführte, dass insbesondere der Inhalt eines Maklerexposés, der sich nicht in der notariellen Urkunde widerspiegelt, nicht zu dem Vorliegen einer Beschaffenheitsvereinbarung führen kann.
Da eine Beschaffenheitsvereinbarung fehlt, beurteilt sich das Vorliegen eines Sachmangels der Wohnungen gemäß der damaligen Fassung des § 434 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) danach, ob sich die Wohnung für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach Art der Sache erwarten kann. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts Köln entsprechen die Wohnungen trotz der erheblichen Wandfeuchtigkeit der üblichen und zu erwartenden Beschaffenheit einer im Jahr 1904 gebauten Souterrain-Wohnung.
Dem widersprach der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung. Bei Altbauten ist als Standard maßgebend, ob das Haus in einem sanierten Zustand verkauft wurde, wie die Kaufsache genutzt wird, welcher Zustand bei der Besichtigung erkennbar war und die stark die Feuchtigkeitserscheinungen sind. Vorliegend sollten die Wohnungen dem Wohnen als Zweck dienen, weshalb ein Käufer grundsätzlich erwarten darf, dass dies auch möglich ist und die Wohnungen – trotz ihrer Lage in einem Altbau – trocken sind. Eine Wohnung, die bei Übergabe eine erhebliche Wandfeuchtigkeit aufweist, ist daher mangelhaft.
Außerdem verneinte der Bundesgerichtshof einen Haftungsausschluss der Beklagten aufgrund der Klauseln im Kaufvertrag, da nicht ausgeschlossen werden könnte, dass die Beklagten den Feuchtigkeitsmangel arglistig verschwiegen hätten. Darüber hinaus sei im vorliegenden Fall ein Anspruch der Käufer auch nicht gemäß § 442 BGB dadurch ausgeschlossen, dass diese ggf. Kenntnis von der Feuchtigkeit der Wände hatten.
Bewertung
Im Einzelnen konnte der Bundesgerichtshof einen Anspruch der Kläger auf Schadensersatz nicht bejahen, da dafür weitere Feststellungen seitens des Oberlandesgerichts Köln als Berufungsgericht getroffen werden müssen und die Sache insofern zurückverwiesen wurde. Bei den vorliegend getroffenen Aussagen handelt es sich dennoch um ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs. Auch eine in einem Altbau liegende Wohnung, die aufgrund des Baualters, der Lage im Souterrain und der Nähe zum Rhein einem besonderen Feuchtigkeitsrisiko ausgesetzt ist, muss, wenn sie als Wohnung verkauft wird, auch tatsächlich zum Wohnen genutzt werden können.
Anders ist die rechtliche Beurteilung etwa bei Kellerräumen eines Altbaus, da diese damals üblicherweise ohne Kellerabdichtungen gebaut wurden und daher nicht jede Feuchtigkeit im Keller einen Sachmangel darstellen kann. Handelt es sich wie vorliegend zwar um ebenfalls unterhalb des Erdgeschosses liegende Räume, die jedoch explizit zum Wohnen genutzt werden sollen, so kann der Käufer verlangen, dort auch tatsächlich wohnen zu können, was im Falle von erheblichen Feuchtigkeitsproblemen nicht der Fall ist.
Hagen Albus
Fachanwalt für Miet- und Wohneigentumsrecht
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