Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.03.2024 – VIII ZR 79/22
Hintergrund
Die Kläger dieses Falles sind Mieter einer Wohnung in Berlin. Sie sind in einen von der beklagten Vermieterin mit dem Vormieter geschlossenen Mietvertrag eingetreten. Darin wurden unter anderem Vereinbarungen zur Übernahme des Mietverhältnisses, Schönheitsreparaturen und Mindestvertragslaufzeit getroffen. Nach Beendigung des Mietverhältnisses erklärte die Beklagte die Aufrechnung für anteilige Schönheitsreparaturkosten und rechnete die Kaution ab.
Die Kläger erhoben Zahlungsklage gegen die Beklagte am Amtsgericht Berlin Mitte zur vollständigen Rückzahlung der Kaution. Das Amtsgericht hat die in den Vertragsbedingungen enthaltene Quotenabgeltungsklausel als wirksam erachtet und wies die Klage ab. Die Kläger wandten sich mit einer Berufung an das Landgericht Berlin, welches die Vereinbarung der Quotenabgeltungsklausel als unwirksam ansah und die Beklagte zur vollständigen Rückzahlung der Kaution verurteilte.
Schließlich begehrte die Beklagte mit einer Revision die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Gründe
Das Landgericht Berlin urteilte, dass die Kläger Anspruch auf die Rückzahlung ihrer Kaution haben. Ein Gegenanspruch der Beklagten aus einer Quotenabgeltungsklausel besteht nicht, da diese Klausel als Individualvereinbarung gemäß § 556 Abs. 4 Alt. 1 BGB als unwirksam erachtet wird. Die Vereinbarung soll zum Nachteil der Mieter von den gesetzlichen Bestimmungen abweichen, da sie nach Auffassung des Gerichts Schönheitsreparaturkosten auf die Mieter abwälzt, was dem Wortlaut des § 556 Abs. 1 BGB widersprechen soll.
Zudem ergab sich aus dem Mietvertrag nicht, dass die Quotenabgeltungsklausel Bestandteil der Mietabrede war. Wenn die Klausel als allgemeine Geschäftsbedingung betrachtet wird, ist sie nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, da sie die Mieter unangemessen benachteiligt.
Die vom Berufungsgericht vorgenommene Beurteilung, dass die Quotenabgeltungsklausel unwirksam sei, hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat zwar zutreffend festgestellt, dass die Quotenabgeltungsklausel, welche die Mieter verpflichtet, anteilige Kosten für Schönheitsreparaturen zu tragen, unwirksam ist, wenn es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt. Denn diese Klausel benachteiligt die Mieter unangemessen gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Jedoch gilt eine individualvertragliche Vereinbarung der Quotenabgeltungsklausel als wirksam. Der §556 Abs. 4 BGB schließt nicht jede mögliche Belastung des Mieters durch andere Kosten aus. Die Pflicht zur anteiligen Übernahme der Schönheitsreparaturkosten fällt nicht unter §556 Abs. 1 BGB, sondern unter die Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht gemäß §535 Abs. 1 Satz 2 BGB, die auf den Mieter übertragen werden kann.
Das Urteil des Berufungsgerichts wird aufgehoben, da es keine Feststellungen darüber getroffen hat, ob die Quotenabgeltungsklausel individuell zwischen den Parteien ausgehandelt wurde oder ob es sich um eine unwirksame allgemeine Geschäftsbedingung handelt. Für eine wirksame individuelle Vereinbarung muss der Verwender die Klausel ernsthaft zur Diskussion stellen und sich zur Änderung bereit erklären. Der Vertragspartner muss die Möglichkeit haben, eigene Vorschläge einzubringen. Das Berufungsgericht muss daher prüfen, ob die Beklagte den Klägern ausreichend Gelegenheit zur Mitgestaltung gegeben hat, um eine wirksame individuelle Vereinbarung zu erreichen.
Bewertung
Dieses Urteil hebt die Bedeutung einer individuellen Absprache zwischen Mieter und Vermieter für die Vereinbarung einer Quotenabgeltungsklausel hervor. Es verdeutlicht, dass die Übertragung von Kosten, insbesondere für Schönheitsreparaturen, nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist, solange dies in den Verhandlungen zwischen den Parteien festgelegt wurde. Die Möglichkeit, Kosten für Instandhaltung und Instandsetzung auf den Mieter umzulegen ist gesetzlich geregelt, wodurch die Belastung nicht allein auf den Vermieter entfällt. Jedoch soll auch der Mieter nicht unangemessen benachteiligt wird, wodurch die Transparenz zwischen Mieter und Vermieter mit diesem Urteil gewährleistet wird.
Hagen Albus
Fachanwalt für Mietrecht
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