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Arbeitsrecht: Rückgruppierung nach vorheriger Beförderung in höhere Gehaltsstufe ist möglich

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.12.2023 – 4 AZR 322/22

Hintergrund

Vorliegend stritten die Parteien um die Rückgruppierung einer Beschäftigten in eine niedrigere Entgeltstufe, nachdem sie zuvor einer höheren Gehaltsgruppe zugeteilt worden war. Bei der Klägerin handelt es sich um eine Ergotherapeutin, die seit dem Jahre 2016 zunächst befristet in einer von der Beklagten betriebenen Klinik im Bereich der Neurologie und Akutgeriatrie angestellt war.

Im November 2017 wurde zwischen den Parteien ein weiterer, dieses Mal unbefristeter Arbeitsvertrag geschlossen, welcher vorsah, dass für das Arbeitsverhältnis der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst für den Dienstleistungsbereich Krankenhäuser (TVöD-K) anzuwenden sei. Die Klägerin wurde dabei zunächst in die Entgeltgruppe 8 eingruppiert, wobei sie einen Antrag stellte, in eine höhere Gehaltsstufe eingruppiert zu werden.

Dies wurde ihr im Dezember 2017 seitens der Beklagten bewilligt, sodass die Klägerin fortan der Entgeltgruppe 9b zugeordnet wurde. Ein entsprechender Änderungsvertrag wurde ebenfalls zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossen.

Zwei Jahre später, im November 2019, teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass eine korrigierende Rückgruppierung vorgenommen werden müsse, weshalb die Klägerin nun der Entgeltgruppe 9a angehören würde. Der Personalrat wurde an dieser Entscheidung beteiligt und äußerte einen Widerspruch, jedoch setzte die Beklagte die Rückgruppierung dennoch um.

Die Klägerin war der Ansicht, dass dies gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes verstieße und, dass sie außerdem aufgrund ihrer fachlichen Arbeit als Ergotherapeutin bei Patientinnen und Patienten mit Demenz der Entgeltgruppe 9b zuzuordnen sei. Daher beantragte sie, gerichtlich feststellen zu lassen, dass die Beklagte verpflichtet sei, sie weiterhin entsprechend der Entgeltgruppe 9b zu bezahlen.

Das erstinstanzlich befasste Arbeitsgericht Dresden lehnte die Klage ab, das Landesarbeitsgericht Sachsen hingegen gab der Berufung der Klägerin statt. Dagegen wandte sich die Beklagte mit einer Revision zum Bundesarbeitsgericht – mit Erfolg.

Gründe

Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts kann eine aufgrund eines Antrags vorgenommene tarifliche Höhergruppierung im Wege einer korrigierenden Rückgruppierung berichtigt werden. Eine solche Höhergruppierung ist keine Grundlage für ein gesteigertes Vertrauen seitens der Klägerin.

Eine korrigierende Rückgruppierung liegt vor, wenn der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer einer niedrigeren Entgeltgruppe als der zuvor als zutreffend angenommenen Entgeltgruppe zuordnet. Grundsätzlich obliegt die Zuteilung zu Entgeltgruppen den Arbeitgebern aufgrund deren Sachnähe und Kompetenz. Der Arbeitnehmer darf dabei grundsätzlich darauf vertrauen, dass diese Zuordnung in korrekter Weise erfolgt. Ausnahmsweise ist dieses Vertrauen des Arbeitnehmers dabei derart schutzwürdig, dass der Arbeitgeber eine Rückgruppierung nicht vornehmen darf, weil dies gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstoßen würde.

Ein solches besonders zu schützendes Vertrauen liegt etwa vor, wenn eine Rückgruppierung wiederholt korrigiert wird, obwohl sich an der Tätigkeit des Arbeitnehmers und der Tarifrechtslage nichts verändert hat. Eine erstmalige Rückgruppierung vorzunehmen, ist dagegen zulässig, da von dieser noch kein gesteigertes Maß an Richtigkeitsgewähr ausgeht. Ein treuwidriges Verhalten würde also erst vorliegen, wenn diese Rückgruppierungsentscheidung erneut geändert werden würde, obwohl sich an den äußeren Umständen nichts geändert hat.

Vorliegend handelte es sich um eine solche erstmalige Eingruppierungsentscheidung, so das Bundesarbeitsgericht. Die vorherige Zuteilung der Klägerin zu der Entgeltgruppe 9b begründete kein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin, weshalb die Beklagte dazu berechtigt war, eine Rückstufung zur Entgeltgruppe 9a vorzunehmen.

Bewertung

Eine Rückgruppierung seitens des Arbeitgebers kann unter bestimmten Umständen zulässig sein, so wie etwa im vorliegenden Fall. Zu unterscheiden sind bei einer Rückgruppierung der Fall einer erstmaligen korrigierenden Rückgruppierung und der einer wiederholten korrigierenden Rückgruppierung. Nur der letztere Fall kann aus Aspekten des Vertrauensschutzes unzulässig sein.

Wird eine bereits zuvor korrigierte Gruppierungsentscheidung erneut korrigiert, so ist dies nur zulässig, wenn sich konkrete besondere Umstände des Falles geändert haben. Anderenfalls darf der Arbeitnehmer nämlich darauf vertrauen, dass der Arbeitgeber im Rahmen der Korrektur der vorherigen, nun als falsch angesehenen Gruppierungsentscheidung die Richtigkeit dieser Zuordnung besonders geprüft hat.

Das Bundesarbeitsgericht hat das Verfahren nun an das Landesarbeitsgericht Sachsen zurückverwiesen, welches festzustellen hat, welcher Entgeltgruppe die Tätigkeit der Klägerin nun konkret zuzuordnen ist. Das Landesarbeitsgericht Sachsen wird daher, basierend auf tatsächlichen Feststellungen hinsichtlich der fachlichen Aufgaben, welche die Klägerin in der Klinik erfüllt und der Ausgestaltung der Arbeitsorganisation, beurteilen, welcher Entgeltgruppe die Tätigkeit der Klägerin entspricht

Hagen Albus
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Unsere Fachanwälte in Bonn betreuen seit vielen Jahren sowohl Arbeitgeber- als auch die Arbeitnehmerseite zu allen entscheidenden arbeitsrechtlichen Fragen. Lesen Sie mehr zu den Tätigkeitsschwerpunkten unserer Kanzlei unter www.rnsp.de.

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