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Wettbewerbsrecht: Zulässigkeit der Ladenöffnung an Sonntagen des Zweibrücken Fashion Outlet

Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.07.2023 – I ZR 144/22, Pressemitteilung Nr. 127/2023 vom 27.07.2023

Hintergrund

Bei dem Kläger handelt es sich um einen Betreiber von Ladengeschäften für Damenmode in der Pfalz. Die Beklagte ist ein Unternehmen für Damenmode, welches unter anderem ein Geschäft im Zweibrücken Fashion Outlet betreibt. Das Zweibrücken Fashion Outlet befindet sich in der Nähe des Flugplatzes Zweibrücken.

Gemäß der aufgrund von § 7 Abs. 2 Ladenöffnungsgesetz Rheinland-Pfalz (nachfolgend: LadöffnG) erlassenen Durchführungsverordnung vom 13. März 2007 (nachfolgend: Durchführungsverordnung) ist die Sonntagsöffnung im zeitlichen Zusammenhang mit den jährlichen Oster-, Sommer- und Herbstferien in Rheinland-Pfalz erlaubt.

Im Jahr 2014 wurde der kommerzielle Linienflugverkehr des Flugplatzes Zweibrücken eingestellt. Seit 2018 liegt eine Genehmigung als Sonderlandeplatz vor, die Fracht- und Geschäftsreiseverkehr sowie Flüge zu privaten sowie Ausbildungs- und Schulungszwecken gestattet. Der Kläger meint, die Ladenöffnungen der Beklagten an Feriensonntagen verstießen gegen § 3 LadöffnG und seien nach §§ 3, 3a UWG wettbewerbswidrig. Er nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers mit der Begründung zurückgewiesen, der Beklagten sei keine unlautere geschäftliche Handlung gemäß §§ 3, 3a UWG vorzuwerfen, weil die Durchführungsverordnung ihr Verhalten legitimiere.

Gründe

Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision des Klägers das Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Die Durchführungsverordnung legitimiert die in der Sonntagsöffnung der Beklagten liegende geschäftliche Handlung nur, sofern sie wirksam ist. Eine infolge Rechtswidrigkeit nichtige Rechtsverordnung entfaltet keine Legitimationswirkung. Für die Beurteilung der Wirksamkeit der Durchführungsverordnung können auch nach ihrem Erlass eingetretene Umstände (hier: die Herabstufung des Flugplatzes Zweibrücken zum Sonderlandeplatz) von Bedeutung sein.

Die Nichtigkeit einer (wie die Durchführungsverordnung) im Ermessen des Normgebers stehenden, ursprünglich rechtmäßigen Rechtsverordnung kann eintreten, wenn der Normgeber die Änderung oder Aufhebung der Rechtsverordnung unterlassen hat, obwohl sein Ermessen zu einem solchen Tätigwerden wegen einer nach Erlass der Rechtsverordnung eingetretenen Veränderung der maßgeblichen Umstände auf Null reduziert ist.

Der Bundesgerichtshof hat dem Oberlandesgericht aufgegeben zu prüfen, ob hinreichende Sachgründe bestehen, die mit Blick auf den hohen verfassungsrechtlichen Rang des in Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 139 WRV sowie Art. 47, 57 Abs. 1 Satz 2 und 3 der Verfassung für Rheinland-Pfalz vorgesehenen Sonn- und Feiertagsschutzes die von der Durchführungsverordnung vorgesehene Sonntagsöffnung im Zweibrücken Fashion Outlet rechtfertigen. Hierfür kommt ein erhöhter, am Flugplatz Zweibrücken nicht gedeckter Bedarf an Ladenöffnung in Betracht. Weiter ist zu prüfen, ob die Durchführungsverordnung auch dem Ziel regionaler Wirtschaftsförderung dient und dieses Ziel die Einschränkung der Sonn- und Feiertagsruhe rechtfertigt.

Bewertung

Der Bundesgerichtshof stellt mit seiner Entscheidung die Rechtmäßigkeit der Durchführungsverordnung in Frage. Bisher hat die Durchführungsverordnung die Ladenöffnung des Zweibrücken Fashion Outlets an Sonntagen legitimiert. Die Verordnung könnte jedoch aufgrund nachträglich eingetretener Umstände nichtig geworden sein.

Das Oberlandesgericht hat sich daher nun mit der Frage zu beschäftigen, ob Gründe vorliegen, die die Öffnung an Sonntagen hinsichtlich des Sonn- und Feiertagsschutzes rechtfertigen. Solche Gründe könnten eben das Ziel regionaler Wirtschaftsförderung oder ein nicht gedeckter Bedarf an Ladenöffnung am Flugplatz Zweibrücken in Betracht.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs bedeutet damit keinesfalls ein Obsiegen der klagenden Partei. Es steht dem Oberlandesgericht frei, zu entscheiden, ob mit der Herabstufung des Flugplatzes Zweibrücken zum Sonderlandeplatz überhaupt noch ein Bedürfnis für die Sonntagsöffnung besteht. Andernfalls würden ansässige Ladengeschäfte gegenüber den Ladengeschäften im Zweibrücken Fashion Outlet benachteiligt. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Zweibrücken bleibt also abzuwarten.

Hagen Albus
Rechtsanwalt

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