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Wohnungseigentumsrecht: Neues Wohnungseigentumsrecht sieht Beschlusszwang für bauliche Veränderungen vor

Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.03.2023 – V ZR 140/22, Pressemitteilung Nr. 52/2023

Hintergrund

Die Klägerin ist Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) mit zwei Doppelhaushälften auf einem Grundstück, das im Gemeinschaftseigentum steht. Die Beklagten wollten in ihrem Teil des Gartens einen Swimmingpool bauen, wogegen sich die Klägerin wehrte.

Die Gemeinschaftsordnung der WEG statuierte, dass das Verhältnis ihrer Mitglieder nach den gesetzlichen Vorschriften bestimmt sein sollte. Zu der Gartennutzung stand jedem Wohnungseigentümer ein Sondernutzungsrecht hinsichtlich des der jeweiligen Haushälfte anschließenden Gartenteils zu. In einer späteren Ergänzung der Teilungserklärung wurde festgelegt, dass die Wohnungseigentümer jeweils allein für Reparaturen und Instandhaltungen verantwortlich und kostenpflichtig sind.

Die Klägerin wandte sich gegen den bereits begonnenen Bau des Swimmingpools der Beklagten mit einer Unterlassungsklage an das Amtsgericht Bremen. Die Klage hatte sowohl dort als auch in der anschließenden Instanz vor dem Landgericht Bremen Erfolg. Die Beklagten wandten sich dagegen mit einer Revision an den Bundesgerichtshof, um die Abweisung der Klage zu erreichen, was jedoch ohne Erfolg blieb.

Gründe

Der Bundesgerichtshof hat die Revision zurückgewiesen, da der Klägerin ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der baulichen Veränderung zusteht. Das Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht schreibt die Gestattung einer baulichen Veränderung durch einen Beschluss der Wohnungseigentümer vor. Ein solcher Beschluss ist jedoch im vorliegenden Fall nicht erfolgt und war auch nicht abdingbar.

Die Beklagten haben hinsichtlich ihrer Hälfte des Grundstückes ein Sondernutzungsrecht. Dieses findet jedoch seine Grenzen bei einer grundlegenden Umgestaltung, die über die übliche Nutzung hinausgeht, was für einen Swimmingpool zu bejahen ist. Der Bau eines Swimmingpools dient nicht der Reparatur oder Instandsetzung, und eine Zustimmung – weder ausdrücklich noch konkludent – der Klägerin liegt nicht vor.

Insbesondere kann der Umstand, dass die Klägerin selbst etwaige bauliche Veränderungen ohne das Einverständnis der Beklagten vorgenommen hat, keinen Anhaltspunkt für eine von dem Beschlusserfordernis für bauliche Veränderungen abweichende Vereinbarung begründen.

Den Beklagten steht zwar ein Recht auf Gestattung einer baulichen Veränderung zu, wenn alle Wohnungseigentümer, deren Rechte durch die bauliche Veränderung über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden, einverstanden sind, jedoch muss auch bei dem Bestehen eines solchen Gestattungsanspruchs ein dementsprechender Beschluss der Wohnungseigentümer tatsächlich erfolgen.

Nach der seit dem 01.12.2020 geltenden Rechtslage ist die vorher strittige Frage, ob bauliche Veränderungen eines Beschlusses bedürfen, nun dahingehend aufgelöst, dass jede bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums unabhängig von der dadurch bedingten Beeinträchtigung eines Wohnungseigentümers einen legitimierenden Beschluss voraussetzt.

Erfolgt ein solcher Beschluss nicht, so ist der bauwillige Wohnungseigentümer verpflichtet, stattdessen gerichtlich eine Beschlussfassung im Zuge einer Beschlussersetzungsklage zu erwirken. Dies hat vor Beginn der Baumaßnahme zu erfolgen.

Bewertung

Das Urteil des Bundesgerichtshofs hat bestätigt, dass jegliche bauliche Veränderung des Eigentums einer WEG durch einen Beschluss gestattet werden muss, unabhängig von dem Maß der Beeinträchtigung der anderen Wohnungseigentümer. Der bauwillige Eigentümer ist verpflichtet, im Notfall eine Beschlussersetzungsklage zu erheben, sollten die anderen Eigentümer die Gestattung verweigern.

Solange eine solche Gestattung nicht erfolgt ist, ist es dem Eigentümer verwehrt, mit dem Bau zu beginnen. Widersetzt er sich dem, so steht den anderen Wohnungseigentümern ein Unterlassungsanspruch zu.

Die eindeutige gesetzliche Regelung soll zum einen vermeiden, dass die übrigen Wohnungseigentümer eine Klageerhebung gegen die Baumaßnahme durch die Gemeinschaft erzielen müssen, außerdem kommt dem Gestattungsbeschluss Bestandskraft dahingehend zu, dass die Zulässigkeit des baulichen Vorhabens dann rechtskräftig gegenüber den anderen Wohnungseigentümern und deren Rechtsnachfolgern feststeht.

Hagen Albus
Fachanwalt für Miet- und Wohneigentumsrecht

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