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Reiserecht: Blitzeinschlag stellt außergewöhnlichen Umstand dar

Landgericht Frankfurt a.M., Urteil vom 23.02.2023 – 2-24 S 14/22

Hintergrund

Die Klägerin machte Ansprüche aus abgetretenem Recht aus der Fluggastrechteverordnung geltend. Streitgegenstand ist ein Flug von Düsseldorf nach Varna, der fast neun Stunden verspätet den Zielflughafen in Varna erreichte. Grund für die Verspätung war ein Blitzeinschlag am vorgesehenen Flugzeug.

Das Amtsgericht hatte die Klage mangels Aktivlegitimation der Klägerin, also wegen fehlender Befugnis, den Anspruch in eigenem Namen geltend zu machen, abgewiesen. Dies wurde damit begründet, dass die Klägerin erst nach der mündlichen Verhandlung  vor dem Amtsgericht einen Vertrag über die Globalzession von Fluggastrechtsansprüchen (Abtretung aller bestehenden und zukünftig entstehenden Ansprüche des Geschädigten gegen die Fluggesellschaft) vorgelegt hatte.

Die Berufung der Klägerin vor dem Landgericht blieb nun erfolglos.

Gründe

Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts nahm das Landgericht zwar an, dass der Vertrag über die Globalzession berücksichtigt werden musste und die Klägerin somit aktivlegitimiert war. Allerdings war die Berufung in der Sache dennoch erfolglos.

Das Luftfahrtunternehmen ist nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen gemäß wegen einer Ankunftsverspätung am Endziel von mehr als 3 Stunden zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Das Luftfahrtunternehmen trug hierfür die Darlegungs- und Beweislast. Dieser Beweis ist dem Luftfahrtunternehmen auch gelungen.

Nach Ansicht des Landgerichts stellt ein Blitzschlag einen außergewöhnlichen Umstand dar. Der Europäische Gerichtshof stellte in einer vorherigen Entscheidung bereits klar, dass der Begriff „außergewöhnliche Umstände“ nach dem allgemeinen Sprachgebrauch wörtlich auf Umstände „abseits des Gewöhnlichen“ abstellt. Für die Beurteilung der Umstände als außergewöhnlich ist somit maßgeblich, dass sie sich von denjenigen Ereignissen unterscheiden, mit denen typischerweise bei der Durchführung eines einzelnen Flugs gerechnet werden muss.

Das bedeutet, dass einem Luftfahrtunternehmen auch die unvermeidbaren Hindernisse für die planmäßige Durchführung eines Flugs seiner Risikosphäre zugewiesen werden, die nicht aus den üblichen und erwartbaren Abläufen des Luftverkehrs herausragen und somit bestenfalls ungewöhnlich, aber nicht außergewöhnlich sind.

Einem Blitzschlag kommt keine Unterstützungsfunktion zur Bewältigung des Flugverkehrs zu. Es handelt sich um ein von außen wirkendes Naturereignis und damit um einen außergewöhnlichen Umstand.

Bewertung

Der Ansicht des Landgerichts ist zuzustimmen. Der Grund, weshalb die Klage in erster Instanz allerdings abgewiesen wurde, war nicht eine andere Einordnung des Blitzschlags als außergewöhnlicher Umstand, sondern das Amtsgericht hatte den Vertrag über die Globalzession der Fluggastrechtsansprüche fälschlicherweise nicht berücksichtigt. Damit wurde die Klage allein wegen einer fehlenden Aktivlegitimation der Klägerin abgewiesen.

Die Klärung der Frage, ob es sich bei dem Blitzschlag um einen außergewöhnlichen Umstand handele, wurde deshalb erst in zweiter Instanz vor dem Landgericht geklärt. Ähnlich wie auch bei der Beschädigung eines Flugzeugs durch einen Vogelschlag ist die Verspätung des Fluges hier auf ein Naturereignis zurückzuführen. Auch die Beschädigung des Flugzeugs durch einen Vogelschlag stellte laut dem Europäischen Gerichtshof einen außergewöhnlichen Umstand dar.

Matthias Gollor
Rechtsanwalt

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