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Arbeitsrecht: unterschiedliche Entscheidungen bei zwei Kündigungswellen der Fluggesellschaft Easyjet

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17.06.2022 – 9 Sa 1637/21, Pressemitteilung 18/22 vom 09.08.2022

Hintergrund

In einem Interessenausgleich mit der Personalvertretung hatte die Fluggesellschaft Easyjet vereinbart, im Zuge der Verlegung von 16 der 34 Flugzeuge am Flughafen BER ab Dezember 2020 zunächst 418 Arbeitsplätze abzubauen und darüber hinaus nach Beobachtung der Nachfrage und wirtschaftlichen Entwicklung der Fluggesellschaft im Mai/Juni 2021 über den Abbau von weiteren 320 Arbeitsplätzen zu entscheiden.

Bei der Fluggesellschaft war in der Zeit vom April 2020 bis Juni 2021 Kurzarbeit angeordnet.

Im November 2020 und im Juni 2021 fanden zwei Kündigungswellen mit betriebsbedingten Kündigungen statt.

Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigungen der ersten Kündigungswelle für wirksam, die der zweiten Kündigungswelle für unwirksam erklärt.

Gründe

5 Sa 1584/21

Die Kündigungen der ersten Kündigungswelle sind durch betriebsbedingte Gründe gerechtfertigt. Die Verlegung der Flugzeuge und der damit verbundene Wegfall des Beschäftigungsbedarfs basierte auf einer betriebsbedingten Entscheidung.

Es wurde von der Beklagten schlüssig dargelegt, mit welcher Anzahl von Beschäftigten sie den verbleibenden Bestand an Flugzeugen am BER betreiben will. Die zuvor angeordnete Kurzarbeit stellt zwar ein Indiz für einen nur vorübergehenden Arbeitsmangel dar, dies war jedoch nicht der Anlass für die Kündigungen im November 2020.

9 Sa 1637/21

Die betriebsbedingten Gründe für die Kündigungen der zweiten Kündigungswelle konnten nicht festgestellt werden. Die unternehmerische Entscheidung betraf lediglich die Kündigung der 418 Positionen im Rahmen der ersten Kündigungswelle. Die übrigen Beschäftigten befanden sich in Kurzarbeit.

Voraussetzung für die Kurzarbeit ist ein nur vorübergehender Arbeitsmangel. Die Behauptung der Beklagten von einer weiteren unternehmerischen Entscheidung blieb vage, sodass von einem nur vorübergehenden Arbeitsmangel hinsichtlich des verbleibenden Personals ausgegangen wurde.

Darüber hinaus wurden im Rahmen der zweiten Kündigungswelle mehr Stellen abgebaut, als rechnerisch aufgrund der Reduzierung der Flugzeuge am BER erforderlich war. Aufgrund dessen konnten die Kündigungen schon nicht gerechtfertigt sein.

Bewertung

Den zwei Entscheidungen liegen zwei unterschiedliche Sachverhalte zugrunde. Die Gründe für die Kündigungen der ersten Kündigungswelle lagen laut dem Landesarbeitsgericht bei der zweiten Kündigungswelle nicht vor. Vor diesem Hintergrund überraschen die verschiedenen Entscheidungen nicht.

Dr. iur. Christoph Roos
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Unsere Fachanwälte in Bonn betreuen seit vielen Jahren sowohl Arbeitgeber- als auch die Arbeitnehmerseite zu allen entscheidenden arbeitsrechtlichen Fragen. Lesen Sie mehr zu den Tätigkeitsschwerpunkten unserer Kanzlei unter www.rnsp.de.

 

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