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Arbeitsrecht: Kündigung wegen Austritts aus der katholischen Kirche

Bundesarbeitsgericht, Entscheidung vom 21.07.2022 – 2 AZR 130/21 (A), Pressemitteilung Nr. 28 vom 21.07.2022

Hintergrund

Die Beklagte betreibt u.a. ein der katholischen Kirche zugeordnetes Krankenhaus in Dortmund, bei dem die Klägerin bis Mitte 2014 als Hebamme beschäftigt war. Im Anschluss daran machte sie sich selbstständig. Im September 2014 trat die Klägerin aus der katholischen Kirche aus.

Bei einem erneuten Einstellungsgespräch im Frühjahr 2019 wurde ihre Zugehörigkeit zur katholischen Kirche nicht weiter thematisiert. Den unterzeichneten Arbeitsvertrag, sowie den ausgefüllten Personalfragebogen reichte die Klägerin bei Beginn des Arbeitsverhältnisses an die Personalabteilung zurück. Aus dem Personalfragebogen ging der Austritt aus der katholischen Kirche hervor.

Nach erfolglosen Gesprächen, die die Klägerin zu einem erneuten Beitritt zur katholischen Kirche bewegen sollten, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31.08.2019. Die Beklagte beschäftigt in jenem Krankenhaus auch konfessionslose Mitarbeiter, die nicht zuvor katholisch waren, als auch Hebammen.

Die Klägerin erhob Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht.

Gründe

Das Arbeitsgericht gab der Kündigungsschutzklage statt. Das Landesarbeitsgericht wies sie ab. Das Bundesarbeitsgericht setzte nun das Verfahren über die Revision der Klägerin aus und ersuchte den Europäischen Gerichtshof um Beantwortung von Fragen zur Auslegung des Unionsrechts.

Art. 21 der EU-Grundrechte-Charta und der „Richtlinie zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf“ gewährleisten einen Schutz der Arbeitnehmer vor Diskriminierung, unter anderem wegen der Religion.

Geklärt werden soll nun, ob die Ungleichbehandlung der Klägerin mit Arbeitnehmern, die niemals Mitglied der katholischen Kirche waren, vor diesem Hintergrund gerechtfertigt sein kann.

Die Antwort des Europäischen Gerichtshofs bleibt abzuwarten.

Bewertung

Grundsätzlich ist eine Kündigung wegen eines Kirchenaustritts zulässig, wenn die Konfession des Arbeitnehmers eine berufliche Anforderung darstellt. Hier haben die Kirchen auf Arbeitgeberseite ein Selbstbestimmungsrecht.

Im Unterschied dazu könnte im vorliegenden Fall eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung vorliegen, da die Arbeitnehmer jenes Krankenhauses nicht durchweg der katholischen Kirche angehören.

Dr. iur. Christoph Roos
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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