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Arbeitsrecht: EuGH zur Verjährung des Anspruchs auf bezahlten Urlaub

Europäischer Gerichtshof, Schlussanträge des Generalanwalts vom 5.5.2022 – C-120/21 LB

Hintergrund

Das deutsche Bundesarbeitsgericht (BAG) ersuchte den EuGH um Klärung, ob die Anwendung nationaler Verjährungsbestimmungen auf den Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub mit dem Unionsrecht vereinbar ist, wenn der Arbeitgeber den erforderlichen Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten nicht nachgekommen ist.

Zuvor hatte der EuGH entschieden, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer dazu anhalten muss, seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub wahrzunehmen und ihn darüber informieren muss, dass der Urlaubsanspruch möglicherweise erlischt. Andernfalls ist das Erlöschen ausgeschlossen.

Bei der am BAG anhängigen Rechtsstreit geht es um die Abgeltung bezahlten Jahresurlaubs, in dem sich der Arbeitgeber auf die Verjährung (drei Jahre gemäß § 195 BGB) des von der Arbeitnehmerin geltend gemachten Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub berufen hat.

Der EuGH entschied nun jedoch, dass die Richtlinie 2003/88 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (Art. 7) und die EU-Grundrechte-Charta (Art. 31 Abs. 2) dahin auszulegen sind, dass die Verjährungsfrist erst dann beginnt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über das mögliche Erlöschen des Anspruchs informiert hat.

Gründe

Der Arbeitnehmer ist im Interesse eines wirksamen Gesundheitsschutzes zur Gewährleistung der Ruhezeiten bei jeder Umsetzung nationaler Vorschriften, die zum Erlöschen Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub führen, vorab tatsächlich in die Lage zu versetzen, diesen Anspruch wahrzunehmen.

Jede andere Auslegung hätte zur Folge, dass ein Mitgliedstaat den Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub eines Arbeitnehmers erneut über allgemeine Verjährungsvorschriften zeitlich begrenzen könnte.

Das deutsche Recht könnte unionsrechtskonform so ausgelegt werden, dass von der Kenntniserlangung des Arbeitnehmers gemäß § 199 Abs. 1 BGB nach Ablauf des Jahres auszugehen ist, in dem der Arbeitgeber seiner Hinweisobliegenheit nachgekommen ist.

Bewertung

Die Entscheidung des EuGH kommt Arbeitnehmern zugute und entspricht damit dem Trend, Arbeitnehmer in europaweiter Rechtsangleichung umfassender zu schützen.

Demnach beginnt die Verjährungsfrist des Urlaubsanspruchs erst dann, wenn der Arbeitgeber über die Möglichkeit des Erlöschens aufgeklärt hat.

Julia Wulf
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Unsere Fachanwälte in Bonn betreuen seit vielen Jahren sowohl Arbeitgeber- als auch die Arbeitnehmerseite zu allen entscheidenden arbeitsrechtlichen Fragen. Lesen Sie mehr zu den Tätigkeitsschwerpunkten unserer Kanzlei unter www.rnsp.de.

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