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Arbeitsrecht: Kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Reglementierung der Raucherpausen

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 29.03.2022 – 5 TaBV 12/21

Hintergrund

Die Beteiligten streiten über die Mitbestimmungspflichtigkeit einer arbeitgeberseitigen Anweisung, nach der Rauchen nur in den Pausen gestattet ist. Die Arbeitgeberin erbringt Logistikdienstleistungen in einem Seehafen.

Der Betriebsrat wollte erreichen, dass auch in ungeplanten, betriebsbedingten Arbeitsunterbrechungen geraucht werden kann. Bei technologisch bedingten Arbeitsunterbrechungen zwischen verschiedenen Arbeitseinsätzen sei nach jahrzehntelanger betrieblicher Übung das Rauchen möglich gewesen. Es habe sich nicht um Pausen im Sinne des Rahmentarifvertrages gehandelt. Aufgrund dessen sei es auch nötig, eine entsprechende Betriebsvereinbarung auszuhandeln.

Der Betriebsrat beantragte u.a., die Arbeitgeberin zu verpflichten, es zu unterlassen, die Unterweisung zum Verhalten auf dem Betriebsgelände hinsichtlich der Regelung „Somit ist das Rauchen … ausschließlich in der tariflich vorgesehenen Pause gestattet“ anzuwenden, solange keine Zustimmung des Betriebsrates vorliegt.

Das ArbG wies den Antrag des Betriebsrats zurück. Das LAG hat nun auch die dagegen erhobene Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen.

Gründe

Ein Unterlassungsanspruch besteht weder gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, noch gemäß § 23 Abs. 3 BetrVG.

Nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG hat der Betriebsrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb mitzubestimmen. Gegenstand des Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ist das betriebliche Zusammenleben und Zusammenwirken der Arbeitnehmer. Dieses kann der Arbeitgeber kraft seiner Leitungsmacht durch Verhaltensregeln oder sonstige Maßnahmen beeinflussen und koordinieren.

Dagegen sind Regelungen und Weisungen, die das Arbeitsverhalten betreffen, nicht mitbestimmungspflichtig. Wirkt sich eine Maßnahme sowohl auf das Ordnungsverhalten, als auch das Arbeitsverhalten aus, kommt es auf den überwiegenden Regelungszweck an.

Die von der Arbeitgeberin getroffene Regelung, dass Rauchen nur in den Pausen gestattet ist, betrifft ausschließlich das Arbeitsverhalten.

Die Regelung dient nicht der Koordinierung des Zusammenlebens und Zusammenwirkens der Arbeitnehmer. Sie ist ausschließlich auf die Einhaltung der Arbeitszeiten gerichtet. Da die Arbeitnehmer während des Rauchens keine Arbeitsleistung erbringen können, stellt Rauchen außerhalb der Pausen eine Unterbrechung der der Arbeitstätigkeit dar. Die Arbeitgeberin ist nicht verpflichtet, solche Unterbrechungen zu dulden.

Vielmehr sind die Arbeitnehmer verpflichtet, ihre Arbeitsleistung zu erbringen. Zwar mag es vorkommen, dass aufgrund des schwankenden Arbeitsanfalls keine durchgängige Beschäftigung der Arbeitnehmer möglich ist. Dennoch haben sich die Arbeitnehmer bereitzuhalten, um jederzeit die Arbeit nach Anweisung der Arbeitgeberin aufnehmen zu können. Dies berechtigt weder die Raucher, ihren Arbeitsplatz zu verlassen und eine Raucherinsel aufzusuchen, noch andere Arbeitnehmer, privaten Angelegenheiten welcher Art auch immer nachzugehen.

Solange die Arbeitgeberin nicht von sich aus im Einzelfall freiwillig eine zusätzliche bezahlte oder unbezahlte Pause gestattet, besteht während der festgelegten Arbeitszeiten Arbeitspflicht.

Die Arbeitgeberin hat mit der Anordnung „Somit ist das Rauchen … ausschließlich in der tariflich vorgesehenen Pause gestattet“ kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats verletzt.

Bewertung

Das Gericht hat mit der vorliegenden Entscheidung die Reglementierung der Raucherpausen als Regelung des Arbeitsverhaltens eingeordnet. Damit unterfällt die Anordnung der Arbeitgeberin nicht dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats.

Richtigerweise darf ein Arbeitgeber die von seinen Arbeitnehmern geschuldete Erbringung der Arbeitsleistung im vollen Umfang erwarten, unabhängig davon, ob tatsächlich dauerhaft Arbeit anfällt.

Julia Wulf
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Unsere Fachanwälte in Bonn betreuen seit vielen Jahren sowohl Arbeitgeber- als auch die Arbeitnehmerseite zu allen entscheidenden arbeitsrechtlichen Fragen. Lesen Sie mehr zu den Tätigkeitsschwerpunkten unserer Kanzlei unter www.rnsp.de.

 

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