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Arbeitsrecht: Abfindung darf nicht mit Klageverzicht verknüpft werden

Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 14.10.2020 – 2 Sa 227/20

Hintergrund

Der Kläger war bei der Beklagten als Schleifer/Polierer beschäftigt. Infolge der Werkschließung vereinbarte die Beklagte mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich, einen Sozialplan mit vorgesehenem Anspruch auf eine Abfindung für alle Arbeitnehmer, sowie eine „Betriebsvereinbarung bezüglich einer Klageverzichtsprämie“ (BV Klageverzichtsprämie). In letzterer heißt es:

„Arbeitnehmer, die unter den Geltungsbereich des Interessenausgleichs und Sozialplans vom 05.06.2019 fallen und Ansprüche auf eine Abfindung haben, gekündigt werden und keine Kündigungsschutzklage erheben, haben Anspruch auf eine höhere Abfindung.

Der Faktor gem. III. 1. c) aa) des Sozialplans erhöht sich um weitere 0,25 (Beispiel: Faktor bei einem Alter von 56 am Stichtag 30.06.2019 erhöht sich von 0,95 auf insgesamt 1,2)“

Der Kläger wurde von der Beklagten ordentlich und betriebsbedingt gekündigt und erhielt eine Abfindung. Mit seiner Klage vor dem Arbeitsgericht erhob der Kläger Forderungen über die entfallene Vergütung, die Klageverzichtsprämie und der durch die Deckelung der Gesamtabfindung eingetretenen Minderung und begründete dies mit einem Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz.

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Die BV Klageverzichtsprämie sei allerdings unwirksam, da sie voll aus dem Sozialplanvolumen finanziert worden sei. Damit hätten die Parteien das Verbot, Sozialplanabfindungen von einem Verzicht auf die Kündigungsschutzklage abhängig zu machen, umgangen. Aufgrund der Unwirksamkeit der BV Klageverzichtsprämie fehlt es an einer Anspruchsgrundlage für die Zahlung einer solchen Prämie.

Der Kläger hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage insgesamt mit ausführlicher Begründung zurecht abgewiesen.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung einer zusätzlichen Klageverzichtsprämie. Die BV Klageverzichtsprämie umgeht zwar das Verbot, Sozialplanabfindungen von einem Verzicht auf die Kündigungsschutzklage abhängig zu machen. Dies führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit der BV Klageverzichtsprämie insgesamt, sondern sie bleibt im übrigen Teil der Sozialplanregelung. Damit erhöht sich grundsätzlich für jeden unter den Anwendungsbereich des Sozialplans fallenden Arbeitnehmer die Abfindung um den Faktor 0,25, unabhängig davon, ob er Kündigungsschutzklage erhoben hat oder nicht.

Bewertung

In einem Sozialplan wird häufig eine Prämie vereinbart, die den Beschäftigten zukommt, wenn sie auf eine Kündigungsschutzklage verzichten. Das Urteil stellt klar, dass eine Sozialplanabfindung nicht von dem Verzicht auf die Kündigungsschutzklage abhängig gemacht werden darf. Für die Beschäftigten hat dies zur Folge, dass sie alle einen Anspruch auf die Prämie haben, selbst wenn sie gegen die Kündigung geklagt hatten.

Dr. iur. Christoph Roos
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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