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Arbeitsrecht: Entlassung eines Beamten auf Probe in einer Justizvollzugsanstalt

VG Mainz, Urteil vom 21.07.2021 – 4 L 513/21.MZ

Hintergrund

Antragsteller ist ein 35-Jähriger. Er wurde im Oktober 2019, nachdem er seine Anwärterzeit abgeschlossen hatte, von einer Justizvollzugsanstalt in Rheinland-Pfalz als Vollzugsbediensteter in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen.

In der Justizvollzugsanstalt führte im Frühjahr 2021 eine Sozialarbeiterin mit einem Untersuchungshäftling, der unter dem Verdacht des Kindesmissbrauchs stand, ein Gespräch in einem Sozialraum. Zur Freizeitnutzung der die Gefangenen schloss der Antragsteller noch während des Gesprächs den Flur einer Haftabteilung auf, sodass diese den Flur betreten und als Freizeitbereich nutzen konnten.

In Folge dessen musste die Sozialarbeiterin den Untersuchungshäftling zu seinem Haftraum begleiten. Dieser befand sich am anderen Ende des Flures. Die Begleitung war notwendig, um Angriffe durch andere Häftlinge aus der Freizeitgruppe zu verhindern.

Die Sozialarbeiterin sprach das Vorkommnis im Nachhinein im Abteilungsbüro an. Der Antragssteller habe daraufhin mit „Das war ich. Das war mit Absicht. The Walk of Shame“ geantwortet.

Später erklärte der Antragsteller jedoch, dass er von der Gesprächssituation nichts gewusst hätte.

Das Land Rheinland-Pfalz ordnete die Entlassung des Antragstellers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe mit sofortiger Wirkung an.

Der Antragsteller begehrte daraufhin mit seinem Eilrechtsantrag die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Entlassung. Der Antrag wurde vom VG abgelehnt.

Gründe

Das Beamtenverhältnis auf Probe dient unter anderem dazu, dem Dienstherrn die Gelegenheit zu geben, die Eignung, die Befähigung und die fachlichen Leistungen des Beamten auf Probe dahingehend zu bewerten, ob er den in Zukunft an ihn gestellten Anforderungen der Tätigkeit eines Beamten auf Lebenszeit gerecht wird.

Aufgrund dessen kann ein Beamter auf Probe aus dem Beamtenverhältnis entlassen werden, sollte er den Anforderungen, die während seiner Probezeit an ihn gestellt werden, nicht genügen.

Das Land Rheinland-Pfalz durfte die Entlassung des Antragstellers daher auf das genannte Ereignis stützen.

Die Dienstpflichten eines Vollzugsbediensteten wurden vom Antragsteller grob verletzt, als er den Freizeitbereich der Gefangenen im Flur aufschloss, obwohl das Gespräch zwischen der Sozialarbeiterin und dem des Kindesmissbrauchs verdächtigen Untersuchungshäftling noch immer stattfand.

Der Antragsteller wollte mit seinen Handlungen nach eigenen Angaben eine Eskalation durch die Gefangengen herbeiführen. Ziel seiner Handlungen war es zudem, den Untersuchungshäftling der Gefahr von Übergriffen durch andere Häftlinge oder zumindest von Belästigungen seitens der anderen Gefangenen auszusetzen. Der Antragsteller handelte hierbei, wie er selbst zugab, vorsätzlich.

Zudem seien die Angaben des Antragstellers dahingehend, dass er nichts von dem Gespräch zwischen der Sozialarbeiterin und dem Untersuchungshäftling gewusst habe, nicht glaubhaft.

In dieser Vorgehensweise besteht ein schwerwiegender Verstoß gegen die Dienstpflicht des Antragstellers. Als Vollzugsbediensteter ist er dazu verpflichtet, allen Gefangenen gleichermaßen neutral gegenüberzutreten. Er handelt zudem als Garant der Häftlinge.

Da der Antragsteller entgegen seiner Dienstpflicht handelte, sorgte er selbst für seinen Ausschluss aus der Beamtenlaufbahn. Eine Eignung zum Beamten auf Lebenszeit ist beim Antragsteller nicht ersichtlich.

Bewertung

Der Antragsteller gab zunächst selbst zu, dass er den Untersuchungshäftling den Handlungen der anderen Häftlinge aussetzen wollte – wissentlich, dass der Untersuchungshäftling unter Verdacht des Kindesmissbrauchs steht. Dass er im Nachhinein erklärte, dass er nichts von dem Gespräch zwischen der Sozialarbeiterin und dem Untersuchungshäftling gewusst habe, ist nicht einleuchtend und steht in deutlichem Gegensatz zu seinen eigenen, vorherigen Angaben.

Insbesondere Vollzugsbedienstete sind dazu verpflichtet, für eine sichere Unterbringung der Gefangenen zu sorgen. Die Handlungen des Antragstellers standen demnach in deutlichem Kontrast zu seiner Neutralitäts- und Garantenpflicht. Dieser Gegensatz führte dazu, dass er für ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit gänzlich ungeeignet ist.

Julia Wulf
Rechtsanwältin

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