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Arbeitsrecht: Umsetzung einer Krankenschwester nach Konflikt hinsichtlich der Trage- und Pausenzeiten von FFP2-Masken

Arbeitsgericht Herne, Pressemitteilung vom 06.05.2021 – 4 Ca 2437/20

Hintergrund

Seit 2002 ist die Klägerin als Krankenschwester in einem Krankenhaus der Beklagten am Standort in Recklinghausen angestellt, wobei sie seit 2016 auf der interdisziplinären Intensivstation tätig ist.

Im Laufe der Covid-19-Pandemie wurden dort neben den üblichen Patientinnen und Patienten auch am Coronavirus erkrankte Menschen behandelt. Dies hat zur Folge, dass diejenigen, die auf der interdisziplinären Intensivstation tätig sind, FFP2-Schutzmasken tragen müssen, wann immer sie pflegerische Tätigkeiten vornehmen.

Aufgrund einer Gefährdungsbeurteilung der Beklagten und eines Betriebsarztes, der keine Bedenken äußerte, wurde festgelegt, dass auf eine Tragezeit der FFP2-Maske über eine Dauer von 120 Minuten eine Tragepause von 15 Minuten folgt. Diesen Vorgaben war Folge zu leisten. Neben der Beteiligung des Betriebsarztes wurde auch der Arbeitssicherheitsbeauftrage bei der Gefährdungsbeurteilung beteiligt. Abschließend wurde die Gefährdungsbeurteilung unter Einbeziehung der Mitarbeitervertretung während einer Arbeitssicherheitsausschusssitzung freigegeben.

Im November 2020 wies die Klägerin des Häufigeren einen Vorgesetzten auf der Intensivstation darauf hin, dass die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) eine Tragezeit von 75 Minuten und eine sich anschließende Pausenzeit von 30 Minuten empfehle. Die DGUV begründet die Zeiten u. a. in Hinblick auf den Gesundheitsschutz. Die Einhaltung der Trage- und Pausenzeiten, die in der Gefährdungsbeurteilung vorgeschrieben werden, ist zwischen den Parteien hinsichtlich der Vergangenheit streitig.

Am 30.11.2020 wurde die klagende Krankenschwester von der Beklagten angewiesen, auf einer anderen Station des Krankenhauses tätig zu werden.

Die Klägerin möchte nun gerichtlich feststellen lassen, dass die Umsetzung durch die Beklagte rechtswidrig war. Eine Umsetzung von der Intensivstation auf eine andere Station des Krankenhauses sei aus ihrer Sicht nicht rechtens. Zudem begehrt sie, in Zukunft wieder auf der Intensivstation beschäftigt zu werden.

Nach ihrem Empfinden handelt es sich bei der Umsetzung um eine Strafversetzung. Ihre Einschätzung begründet sie mit ihrem angeblichen Einsatz für die Durchsetzung der Trage- und Pausenzeiten von FFP2-Masken.

Die Beklagte hingegen erfasst die Umsetzung der Arbeitnehmerin als Teil ihres Weisungs- und Direktionsrechts. Hierbei seien die Interessen der Klägerin hinsichtlich des Gesundheitsschutzes sowie die Aufrechterhaltung des Betriebsfriedens und des Dienstbetriebs beachtet worden.

Im Gegensatz zu der Intensivstation, auf der die Klägerin zuvor beschäftigt war, sei es auf der neuen Station nicht mehr erforderlich, dass die FFP2-Masken dauerhaft getragen werden. Stattdessen seien vermehrt Tragepausen gewährleistet.

Die Klage wurde vom Arbeitsgericht abgewiesen.

Gründe

Aufgrund des Arbeitsvertrages der klagenden Arbeitnehmerin war es der beklagten Arbeitgeberin möglich, die Arbeitnehmerin an einem anderen als dem bisherigen Arbeitsplatz und -ort zu beschäftigen. Dies fiel unter ihr Direktions- und Weisungsrecht. Der erforderlichen Ausübungskontrolle wird mit der Umsetzung standgehalten. Hierbei werden besonders die wechselseitig zu beachtenden Interessen gewahrt.

Die Umsetzung erfolgte zeitnah in Hinblick auf die von der Klägerin geäußerten Bedenken hinsichtlich der Wahrung der Trage- und Pausenzeiten der FFP2-Masken und ihrer eigenen Gesundheit.

Somit wurde zudem das Konfliktpotenzial reduziert, das bezüglich der Trage- und Pausenzeiten der FFP2-Masken entstanden war.

Dies hatte die Stabilisierung des Betriebsablaufs und -friedens zur Folge.

Eine Umsetzung stellte im vorliegenden Fall eine verhältnismäßig betrachtet, milde Maßnahme dar. Auf diese Art und Weise konnten die Parteien die Fortführung des Arbeitsverhältnisses besonders in einer Zeit der hohen Belastung des Gesundheitssystems sicherstellen, ohne dass dieses von Streitigkeiten über den Gesundheitsschutz der Klägerin belastet wird.

Die vorherige Vergütung wurde im Wesentlichen beibehalten. Das Interesse der Klägerin dahingehend, weiterhin am bisherigen Arbeitsort beschäftigt zu werden, muss daher hinter dem Interesse an der Vergütung zurückstehen.

Das Arbeitsgericht konnte in der Umsetzung im Gegensatz zur Klägerin keine Strafversetzung.

Bewertung

Der Arbeitgeber kann nach billigem Ermessen Umsetzungen eines Arbeitnehmers vornehmen, wenn diese von einem Arbeitsplatz auf einen anderen Arbeitsplatz innerhalb desselben Betriebes vorgenommen werden und soweit keine Festlegung des Arbeitsortes im Arbeitsvertrag, Gesetz oder Tarifvertrag etc. erfolgt ist.

Bei dieser Entscheidung muss der Arbeitgeber neben seinen eigenen auch die Interessen des umzusetzenden Arbeitnehmers berücksichtigen. Es darf keine Benachteiligung des Arbeitnehmers mit der Begründung vorgenommen werden, dass er zuvor seine Rechte zulässigerweise ausgeübt hat.

Dr. iur. Christoph Roos
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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