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Arbeitsrecht: Entwendung von einem Liter Desinfektionsmittel kann zur Kündigung führen

Entscheidung des LAG Düsseldorf vom 14.01.2021 – Az. 5 Sa 483/20, Pressemitteilung

Hintergrund

Der Kläger war als Be- und Entlader, sowie Wäscher für die Fahrzeuge der Beklagten, einem Paketzustellunternehmen, seit dem Jahr 2004 tätig. Die Wäsche der Wagen erfolgte in der Regel in der Nachtschicht, wobei der Kläger seinen persönlichen Wagen in der Nähe des Arbeitsplatzes abstellen konnte. Bei einer stichprobenartigen Kontrolle am 23.03.2020 stellte der Werkschutz im Kofferraum des Klägers eine nicht angebrochene Plastikflasche mit einem Liter Desinfektionsmittel in einem Wert von ca. 40,00 Euro fest. Zu diesem Zeitpunkt kam es bereits häufiger dazu, dass Desinfektionsmittel aus den Waschräumen entwendet worden waren. Der Kläger erhielt nach Anhörung des Betriebsrates eine fristlose Kündigung.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit der Kündigungsschutzklage und teilte mit, er habe das Desinfektionsmittel benötigt, weil er sich jede Stunde zu seinem Fahrzeug begeben hätte, um die Hände zu desinfizieren, ggfls. auch für seine Kollegen, da das Desinfektionsmittel nicht immer in den Waschräumen verfügbar gewesen sei. Bei der Ausfahrt nach Beendigung der Schicht habe er nicht mehr daran gedacht, dass Desinfektionsmittel zurückzugeben. Die Arbeitgeberin hielt dem entgegen, der Kläger habe dem Werkschutz bestätigt, dass er das Desinfektionsmittel mitnehmen dürfe, um sich unterwegs die Hände desinfizieren zu können. Indes habe sie durch Aushänge im Sanitärbereich ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Mitnahme von Desinfektionsmitteln zu einer fristlosen Kündigung führen könne.

Gründe

Das LAG Düsseldorf hat, wie auch die Vorinstanz, die Kündigungsschutzklage abgewiesen, da ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vorhanden sei. Insoweit ginge man davon aus, dass der Kläger sich das Desinfektionsmittel zueignen wollte, um es selbst zu verbrauchen. Würde es zutreffen, dass er das Desinfektionsmittel zum Gebrauch während der Schicht und für seine Kollegen nutzen wollte, hätte er dieses auch auf dem Materialwagen am Arbeitsplatz vorhalten können. Es sei anders nicht vorstellbar, da sonst immer hätte der Autoschlüssel benutzt werden müssen, auch von Kollegen des Klägers, um das Desinfektionsmittel nutzen zu können. Schließlich sei die Flasche des Desinfektionsmittels auch nicht angebrochen gewesen. Einer vorherigen Abmahnung habe es aufgrund des erheblichen Vorwurfs nicht bedurft, insbesondere in Zeiten der Pandemie, in denen Desinfektionsmittel Mangelware und dies auch allgemein bekannt ist, da Versorgungsengpässe bestehen, ist der Vorwurf erheblich. Der Kläger habe insoweit in Kauf genommen, dass seine Kollegen leer ausgehen würden. Daher musste der Kläger damit rechnen, dass der Bestand seines Arbeitsverhältnisses gefährdet sei. Eine Interessenabwägung fiel daher zu Lasten des Klägers aus.

Bewertung

Das LAG Düsseldorf hat in konsequenter Weiteführung der Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts, welches eine fristlose Kündigung auch für den Fall geringwertiger Sachen oder auch nur bei einem einmaligen Vorfall bejaht hat, entschieden. Gerade mit Blick auf die besonderen Umstände der Pandemie und des allgegenwärtigen Problems von Versorgungsengpässen wiegt die Entwendung derartiger Produkte schwer. Hier ist es seitens der Gerichte nur konsequent, wenn die Erheblichkeit derartige Verstöße auch entsprechend geahndet wird. Die Entscheidung ist daher nachvollziehbar und konsequent.

Julia Wulf
Rechtsanwältin

Fachanwältin für Arbeitsrecht

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