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Familienrecht: Umgangspflicht des Vaters

OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.11.2020 – 3 UF 156/20

Hintergrund

Zu Beginn des Jahres 2017 zog der Vater der Kinder aus der gemeinsamen Wohnung aus. Von diesem Zeitpunkt an kam es nur selten zum Umgang der Kinder mit ihrem Vater, obwohl er zusammen mit der Mutter über das gemeinsame Sorgerecht verfügte. Die Eltern der Kinder sind noch nicht geschieden.

Die Kinder klagten darüber, dass sie ihren Vater gerne häufiger sehen würden. Ende 2019 leitete die Mutter der Kinder daher ein Umgangsverfahren ein. In diesem Verfahren wurde der Vater vom Amtsgericht dazu verurteilt, seine Söhne an einem Sonntag im Monat und in einem bestimmten zeitlichen Umfang in den Ferienzeiten zu sich zu nehmen.

Hierin sah der Vater eine unzumutbare Überforderung, die er damit begründete, dass er nicht die Zeit für einen regelmäßigen Umgang mit seinen Söhnen hätte. Grund dafür seien beruflicher und privater Druck. Er gab an, dass er eine wöchentliche Arbeitszeit von 120 Stunden habe und zudem aufgrund eines Neugeborenen, das er zusammen mit seiner neuen Partnerin hat, ohnehin nur 3-4 Stunden täglich schlafen könne.

Der Vater legte daraufhin eine Beschwerde beim OLG ein. Die Beschwerde wurde in vollem Umfang zurückgewiesen. Der amtsgerichtliche Umgangsbeschluss wurde bestätigt.

Gründe

Gem. § 1684 Abs. 1 BGB sind die Eltern zum Umgang mit ihren Kindern verpflichtet. Absatz 1 sieht vor, dass das Kind „das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil“ verfüge und jeder Elternteil zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt sei.

Zweck des § 1684 BGB ist der unabdingbare Schutz der Kinder. Das Kind sei „Rechtssubjekt und Grundrechtsträger, dem die Eltern schulden ihr Handeln an seinem Wohl auszurichten“.

Hinzukommt, dass gem. Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG beide Elternteile die Pflicht zur Pflege und Erziehung der Kinder hätten. Dieser Schutz durch die Eltern und auch die Hilfe der Eltern seien notwendig, damit die Kinder zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit heranwachsen könnten.

Bei dem Umgang mit den Kindern würde die persönliche Beziehung zu den Kindern gestärkt. So solle eine Möglichkeit des Kennenlernens, des Vertrautwerdens und des Fortsetzens einer persönlichen Beziehung erreicht werden.

Gerade dadurch, dass sich die Kinder den Umgang mit dem Vater wünschten, handele es sich hierbei um die Vernachlässigung der Erziehungspflicht.

Die Überlastung des Vaters in beruflicher, privater und zeitlicher Hinsicht sei nicht Grund dafür, die Vernachlässigung der verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Umgangspflicht besser dastehen zu lassen.

Bei der Beschränkung auf einen Sonntag im Monat, die das Amtsgericht vornahm, handele es sich bereits um das Mindestmaß des Üblichen. Die hohe Belastung des Beschwerdeführers werde dementsprechend bereits berücksichtigt.

Bewertung

Bei dem vorliegenden Urteil handelt es sich um ein Grundsatzurteil.

Wenn es dem Kindswohl dient, kann ein von der Mutter des Kindes getrenntlebender Vater auch gegen seinen Willen zu einem regelmäßigen Umgang verpflichtet werden. Dass ihm die Zeit für regelmäßigen Kontakt zu seinen Kindern fehle, sei lediglich Anlass dazu, seine Lebenseinstellung und Prioritäten zu überdenken. Das OLG Frankfurt rät zu einer Umstrukturierung der Lebensprioritäten.

§ 1684 Abs. 1 BGB sieht nicht lediglich ein Recht auf Umgang vor, sondern auch eine Pflicht. Bei dieser Pflicht handelt es sich aufgrund ihrer verfassungsrechtlichen Grundlage in Form des Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG um eine unabdingbare Pflicht.

Auch wenn ein Elternteil keinen Umgang mit seinem Kind wünscht, ist der Wunsch kein Grund dazu, keinen Umgang mehr mit dem Kind zu pflegen.

Matthias Gollor
Rechtsanwalt

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