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Arbeitsrecht: Ordentliche Kündigung außerhalb des Geltungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 5.12.2019 – 2 AZR 107/19

Hintergrund

Die Klägerin ist als Kindermädchen bei der Beklagten beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis war bis zum 31. Mai 2017 befristet. Neben der Klägerin beschäftigt die Beklagte ein weiteres Kindermädchen, sodass die Klägerin zusammen mit dieser in der zweiten Januarhälfte in der Wohnung der Beklagten tätig war.

Mitte Februar kündigte die Beklagte der Klägerin das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich bis zum 15. März 2017. Zu der Kündigung sei es gekommen, weil das zweite Kindermädchen der Beklagten wahrheitswidrig mitgeteilt habe, dass die Klägerin schlecht über ihre Arbeitgeberin, das heißt die Beklagte, sprechen würde. Die Beklagte habe es aber bei einer ordentlichen Kündigung nicht belassen wollen und erfand daher weitere Gründe, unter anderem Kindesmissbrauch durch die Klägerin.

Damit sei bereits das „Kündigungsverhalten“ der Beklagten sittenwidrig, was zur Folge habe, dass die ganze Kündigung nichtig sei. Darüber hinaus habe die Klägerin vor der Kündigung angehört werden müssen. Zudem sei die Kündigung selbstwidersprüchlich, da die Beklagte der Klägerin nur kurz zuvor eine unbefristete Beschäftigung angeboten habe.

Gründe

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende erstinstanzliche Urteil zu Recht zurückgewiesen.

Die Kündigung ist weder sittenwidrig noch treuwidrig.

Da das Kündigungsschutzgesetz den Grundsatz von Treu und Glauben konkretisiert, ist dieser auf Kündigungen nur eingeschränkt anwendbar. Das Landesarbeitsgericht war der Ansicht, dass die Kündigung einer Arbeitgeberin, der zugetragen wurde, dass über sie negative Tatsachen verbreitet werden, nachvollziehbar ist. Insbesondere dann, wenn die Beschäftigte im unmittelbaren Nähebereich der Beklagten im Kontakt mit den Kindern tätig ist. Eine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts gebe es zudem nicht. Das spätere Verhalten der Beklagten, die schwereren Kündigungsgründe anzuführen, ändere an der Wirksamkeit der Kündigung ebenso wenig.

Der Willkürvorwurf scheide ebenfalls aus, sobald ein irgendwie einleuchtender Grund vorliegt. Dieser liegt bereits in dem aus der Verbreitung falscher Tatsachen resultierender Vertrauensbruch.

Dass der Klägerin keine Gelegenheit zur Stellungnahme von der Beklagten eingeräumt wurde, ist unbeachtlich, da dies keine Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung ist. Darüber hinaus stellt das Inaussichtstellen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses kein selbstwidersprüchliches Verhalten dar, da dadurch nicht bereits ein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde.

Bewertung

Gleichwohl man aufgrund der Argumentation der Klägerin Verständnis für ebendiese empfindet, ist der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes bzw. dem Landesarbeitsgericht zuzustimmen. Gerade bei einer Tätigkeit in einem solch privaten Rahmen, besonders durch die Arbeit mit den Kindern der Beklagten, genießt die Beklagte den besonderen Schutz der räumlichen Privatsphäre im Rahmen von Art. 13 Abs. 1 GG. An die Kündigungsgründe sind daher andere Anforderungen zu stellen, welchen das Bundesarbeitsgericht Genüge getan hat.

Dr. iur. Christoph Roos
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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