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Arbeitsrecht: Grundsatz des fairen Verfahrens erfordert ausnahmsweise Zulässigkeit von Containersignatur in Kündigungsschutzverfahren

Landesarbeitsgericht Berlin Brandenburg, Urteil vom 07.11.2019 – 5 Sa 134/19, Pressemitteilung Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Nr. 35/19 vom 20.12.2019

Hintergrund

Ausgangspunkt des Verfahrens war die Einreichung einer Kündigungsschutzklage sechs Tage nach Zugang der Kündigung in Gestalt eines elektronischen Dokuments mit einer Containersignatur über das Elektronische Gerichts-und Verwaltungspostfach (EGVP).

Kurz erklärt:

Elektronische Dokumente müssen im Rechtsverkehr entsprechend signiert werden. Die sogenannte Containersignatur ist ein technisches Mittel zur Signierung einer Mehrzahl elektronischer Dokumente durch eine einzige Eingabe. Hierbei werden mehrere Dateien durch eine einzige elektronische Signatur versehen – also als ein – wenn man so will – „Datencontainer“ signiert. Daneben besteht die Möglichkeit der sogenannten Stapelsignatur. Hier wird – ebenfalls durch eine einzige Eingabe – jedes einzelne Dokument der Mehrzahl elektronischer Dokumente jeweils mit einer eigenen Signatur versehen.

Das zuständige Arbeitsgericht hielt die Klage für fristgerecht und gab dieser statt. Das sah das Landesarbeitsgericht (LAG) im Berufungsverfahren allerding etwas anders.

Gründe

Gemäß § 4 Abs. 2 ERVV (Elektronische Rechtsverkehr Verordnung) ist die gewählte Signaturart (Containersignatur) seit dem 1. Januar 2018 unzulässig. Diesen Rechtssatz hat das LAG in zweiter Instanz aufgegriffen und deutlich gemacht, dass eine mit einer Containersignatur versehene Klage den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht und damit unzulässig respektive nicht fristgemäß ist.

Das LAG hält jedoch zugleich einen in der Berufungsinstanz gestellten Antrag auf nachträgliche Zulassung einer neu eingereichten Kündigungsschutzklage für zulässig. Denn – das ist entscheidend – es würde dem Gebot eines fairen Verfahrens widersprechen dies anders zu sehen. Es sei nämlich widersprüchlich, wenn das Gericht erst nach Ablauf der gesetzlich vorgeschriebenen sechs Monate für nachträglich zugelassene Klagen gegenüber dem Kläger klarstellt, dass ein bereits bei Klageeingang erkennbarer Mangel besteht. Nach Auffassung des LAG kommt es demnach auf die für den Prozessbevollmächtigten der Klägerin erkennbare Unzulässigkeit der Containersignatur nicht an, wenn das Gericht vorher nicht zu erkennen gegeben hat, dass die Klage an sich unzulässig ist.

Bewertung

Das LAG hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) zugelassen. Nun ist abzuwarten, ob die Beklagtenseite diesen Weg geht und durch das BAG zu prüfen ist, ob die Argumentation des LAG Bestand hat.

Anforderungen an die Zulässigkeit einer Klage ändern sich. Diese gesetzlichen Änderungen sind zwingend zu berücksichtigen. Unsere Fachanwälte in Bonn vertreten und beraten Mandanten auch und insbesondere hinsichtlich der Zulässigkeitserfordernisse in Kündigungsschutzverfahren.

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Dr. iur. Christoph Roos
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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