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Arbeitsrecht: Bundeskabinett beschließt Entwurf eines Gesetzes für bessere Löhne in der Pflege – Pflegelöhneverbesserungsgesetz.

Pressemitteilung Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 19.06.2019; Pressemitteilung der Bundesregierung vom 19.06.2019; Entwurf eines Gesetzes für bessere Löhne in der Pflege (Entwurf der Bundesregierung)

Hintergrund

„Die Sicherstellung einer menschengerechten Pflege bleibt eine zentrale Herausforderung des deutschen Sozialstaats“ – so der Gesetzesentwurf der Bundesregierung. So könne dieser durch die Pflegekassen ausgefüllte Auftrag nur bewältigt werden, wenn ausreichend Pflegekräfte verfügbar sind. Zur Gewährleistung entsprechender Fachkräfte bedürfe es einer attraktiven Gestaltung des Berufsbildes, so die Problem-und Zielbestimmung des Gesetzesentwurfs. Mit der sogenannten „Konzertierten Aktion Pflege“ sollen Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Pflege angestoßen werden. Die Aktion riefen das Bundesministerium für Gesundheit (BMG), das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ins Leben.

Explizit mit dem bezeichneten Gesetz sollen Regeln zur Festsetzung von Mindestlöhnen im Pflegebereich festgeschrieben werden.

Dies soll durch eine Erstreckung tarifbasierter Arbeitsbedingungen auf der Grundlage von § 7a Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) erfolgen – sog. Tarifvertragslösung.

Grundsätzliches zu Lohnuntergrenzen in der Bundesrepublik:

Maßgebliche Untergrenze für alle Branchen ist der gesetzliche Mindestlohn, der bei seiner Einführung im Jahre 2015 bei 8,50 EUR brutto lag und aktuell bei 9,19 EUR brutto liegt. Weitere Lohnuntergrenzen stellen zum einen die Tarifverträge jeweiliger Branchen und die Mindestlohntarifverträge auf der Grundlage des Arbeitnehmerentsendegesetzes dar.

Aufgrund der Tatsache, dass rund 30 % der Arbeitnehmer der Pflegebranche in kirchlichen Einrichtungen tätig sind, gestaltet sich die Regelung von Lohnuntergrenzen mittels Tarifverträgen schwierig. Die evangelische und die katholische Kirche lehnen als Arbeitgeber sowohl Arbeitskampfmaßnahmen als auch den Abschluss von Tarifverträgen ab. Gemäß § 12 AEntG erarbeitet eine paritätisch aus kirchlichen und nicht-kirchlichen Arbeitgebern und Arbeitnehmern besetzte Kommission Empfehlungen für die Entwicklung der Löhne in der Pflegebranche aus. Auf Grundlage der Empfehlungen kann das BMAS Rechtsverordnungen erlassen (vgl. hierzu § 11 AEntG).

Durch das neue Gesetz soll diese Vorgehensweise geändert werden.

Die Änderungen im Einzelnen:

Durch eine Modifizierung respektive Erweiterung des § 7a AEntG sollen die Tarifparteien der Pflegebranche Tarifverträge aushandeln. Hier würden sich Verdi und die kommunalen Arbeitgeber gegenübersitzen.

Die Aufnahme der Tarifverhandlungen sollen durch das BMAS bekanntgegeben werden um den kirchlichen Einrichtungen die Beteiligung an den Verhandlungen zu ermöglichen. Hierzu können die kirchlichen Einrichtungen binnen drei Wochen eigene Kommissionen benennen, die dann von den Tarifvertragsparteien angehört werden. Tarifvertragsparteien sind Verdi und die kommunalen Träger von Pflegeeinrichtungen.

Für den Abschluss eines Tarifvertrages und die damit verbundene Erklärung des Tarifvertrages für verbindlich durch das BMAS ist die schriftliche Zustimmung der Kirchenseite erforderlich.

Die aktuelle Regelung mit der oben bezeichneten Pflegekommission bleibt im Gesetz bestehen, soll aber gegenüber der Neuregelung subsidiär sein.

Bewertung

Der Entwurf für das Pflegelöhneverbesserungsgesetz entspricht in weiten Teilen den Vorstellungen von Verdi und DGB. Verlierer des Entwurfs sind die privaten Betreiber von Pflegeeinrichtungen. Sie haben bei Inkrafttreten der Regelung keinerlei Einfluss auf die Gestaltung von Lohnuntergrenzen.

Die Schaffung eines Vetorechts für die Kirchen trägt zum Erhalt des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts bei.

Inwiefern der Gesetzesentwurf am Ende die Berufe der Pflegebranche attraktiver macht, bleibt abzuwarten, denn schon heute werden vielfach Löhne oberhalb bereits bestehender Untergrenzen gezahlt.

Dr. iur. Christoph Roos
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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