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Familienrecht: Schenkungen von Schwiegereltern können regelmäßig nicht zurückgefordert werden

Bundesgerichtshof vom 18. Juni 2019 – X ZR 107/16

Hintergrund

Die Tochter der Kläger unterhielt seit 2002 eine nichteheliche Beziehung zum Beklagten, im Jahre 2011 beschlossen beide, in einem gemeinsamen Haus zusammenleben zu wollen. Die Kläger stellten dem Paar zum Zwecke der Finanzierung der Immobilie einen Betrag von mehr als 100.000 EUR zur Verfügung. Nach 2 Jahren ging die Beziehung in die Brüche; die Kläger verlangten vom Beklagten in der Folge die Hälfte der zugewandten Beträge zurück.

Das Landgericht Potsdam und auch das OLG Brandenburg als Berufungsgericht haben der Klage zu 90 % stattgegeben, der BGH hat hingegen nun entschieden, daß im zugrundeliegenden Fall ausnahmsweise die gesamte Zuwendung zurückzuzahlen gewesen wäre, lediglich aus prozessualen Gründen wurden die Entscheidungen der Vorinstanzen auf Rückzahlung von 90 % der Zuwendung bestätigt.

Gründe

Der BGH bestätigt zunächst seine bisherige Rechtsprechung, daß es sich bei Zuwendungen an das Schwiegerkind um eine Schenkung handelt, die in jedem Falle wegen Verarmung des Schenkers (§ 528 I BGB) oder groben Undanks (§ 530 Abs. 1 BGB) zurückgefordert werden kann. Ein Rückforderungsanspruch kann sich darüber hinaus aus § 313 I BGB wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage ergeben.

Bei der Beurteilung der Geschäftsgrundlage eines Schenkungsvertrags sei allerdings zu berücksichtigen, daß der Schenkungsvertrag durch eine einseitige unentgeltliche Zuwendung gekennzeichnet ist, mit der der Schenker einen Vermögensgegenstand dem Beschenkten zur freien Verfügung überläßt; der Beschenkte schuldet keine Gegenleistung.

Bei der Schenkung eines Grundstücks oder bestimmter Geldbeträge zu dessen Erwerb an das eigene Kind und dessen Partner habe der Schenker typischerweise die Erwartung, die Immobilie werde von den Beschenkten zumindest für einige Dauer gemeinsam genutzt; mit einem Scheitern der Beziehung müsse der Schenker allerdings auch stets rechnen.

Hier sei die Geschäftsgrundlage entfallen, da die Schenker nicht davon ausgegangen seien, die Partner würden die Lebensgemeinschaft lediglich für kurze Zeit fortsetzen. Die Annahme sei gerechtfertigt, daß die Schenkung nicht erfolgt wäre, wäre für die Schenker das alsbaldige Ende dieses Zusammenlebens erkennbar gewesen. Eine Berechnung nach Quoten sei lebensfremd und komme nicht weiter in Betracht, da nach der Natur der Schenkung diese entweder von der Geschäftsgrundlage noch umfaßt sei oder eben nicht.

Bewertung

Das Urteil des BGH stellt eine grundlegende Änderung der Rechtsprechung in der Frage des Umgangs mit Schenkungen der Schwiegereltern dar, wenn die Beziehung in die Brüche geht. Ausdrücklich kommt es nicht darauf an, ob die beschenkten Kinder und ihre Partner verheiratet sind oder nicht.

Bislang war es in der Praxis der Rechtsprechung üblich, die erwartete Dauer der Beziehung zur tatsächlichen Dauer in Relation zu setzen und daraus eine Quote zu errechnen, die dann vom Beschenkten zurückzuerstatten war; dies bezeichnet der BGH nun als lebensfremd.

Ebenso lebensfremd erscheint es aber, eine Schenkung an einem Tag noch wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu 100 % erstatten zu lassen, sie aber einen Tag/eine Woche oder einen Monat später dem Beschenkten zu 100 % zu belassen. Über die Grenze, ab wann keine Rückzahlung mehr in Frage kommt, werden die Gerichte in der Zukunft zahllose unterschiedliche Urteile fällen und auch diese werden wahrscheinlich das Lebensalter der Beschenkten und die Dauer der Beziehung in ihr Kalkül mit einbeziehen.

Der BGH hat mit seinem Urteil und der Zahl von 2 Jahren einen Pflock in Bezug auf die untere Grenze der Dauer der weiteren Beziehung eingeschlagen, bis zu der die Zuwendung an das Schwiegerkind vollständig von diesem zurückzuzahlen ist. Ab welchem Zeitraum eine Rückzahlung überhaupt nicht mehr in Frage kommt, wird sich im Laufe der nächsten Jahre zeigen. Einfacher und insbesondere lebensnäher sind die zu fällenden Entscheidungen nicht geworden. Schwiegereltern müssen sich allerdings zukünftig noch genauer überlegen, ob sie eine Schenkung (auch) dem Schwiegerkind zukommen lassen, da sie damit rechnen müssen, daß diese im Falle des Scheiterns der Beziehung möglicherweise bereits nach 2 ½ Jahren vollständig in den Sand gesetzt ist.

Matthias Gollor
Rechtsanwalt

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