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Arbeitsrecht: Schwerbehinderter scheitert mit Schadenersatzforderung wegen Ablehnung stufenloser Wiedereingliederung

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.05.2019 – 8 AZR 530/17, Pressemitteilung Bundesarbeitsgericht Nr. 22/19

Hintergrund

Der Kläger ist technischer Angestellter bei der beklagten Stadt. Er ist schwerbehindert. Im Zeitraum von August 2014 bis einschließlich zum 6. März 2016 war der Kläger arbeitsunfähig krank. Nach einer betriebsärztlichen Untersuchung vom 21. September 2015 wurde durch die Betriebsärztin mit Beurteilung vom 12. Oktober 2015 eine stufenweise Wiedereingliederung zur Heranführung an die Arbeitsfähigkeit des Klägers unter bestimmten Voraussetzungen respektive Einschränkungen als adäquate Maßnahme bezeichnet. Am 28. Oktober 2015 beantragte der Kläger unter Vorlage des durch seinen behandelnden Arzt erarbeiteten Wiedereingliederungsplans (Plan I) die stufenweise Wiedereingliederung im Zeitraum vom 16. November 2015 bis zum 15. Januar 2016. Der Plan I sah keine Einschränkungen vor. Der behandelnde Arzt gab als Zeitpunkt der Wiederherstellung der vollen Arbeitsfähigkeit den 18. Januar 2016 an.

Die Stadt lehnte den Plan I am 5. November 2015 ab und verwies zu seiner Begründung darauf, dass im bisherigen Aufgabengebiet des Klägers eine Tätigkeit wegen der betriebsärztlichen Beurteilungen hinsichtlich der dort aufgeführten Einschränkungen nicht möglich ist. Ein zweiter vom Kläger vorgelegte Wiedereingliederungsplan sah eine Wiedereingliederung im Zeitraum vom 4. Januar 2016 bis zum 4. März 2016 vor. In einem beiliegenden Bericht einer behandelnden Psychologin bestanden die Einschränkung für die spezifische Tätigkeit des Klägers nicht mehr. Diesem Plan stimmte die Stadt nach erneuter Prüfung durch die Betriebsärztin zu. Am 7. März 2016 erlangte der Kläger wieder seine volle Arbeitsfähigkeit.

Gerichtlich beanspruchten der Kläger von der Stadt den Ersatz der Vergütung für den Zeitraum vom 8. Januar 2016 bis zum 6. März 2016, die ihm wegen der Ablehnung des Plan I  entgangen ist.

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Das Landesarbeitsgericht gab der Klage im wesentlichen im Berufungsverfahren statt. Die Revision der Stadt vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) hat Erfolg.

Gründe

Das  BAG urteilt, dass die Stadt nicht verpflichtet gewesen ist, den Kläger nach den Vorgaben des Plan I zu beschäftigen. Die Stadt durfte sich mit Bezug auf die betriebsärztliche Beurteilung und die darin dargelegte Befürchtung dass der Gesundheitszustand des Klägers bei Durchführung dieses Planes in Gefahr ist, einer Beschäftigung nach diesem Plan verweigern. Zudem sei das Ausräumen von Zweifeln bis zum vorgesehenen Beginn des Plan I  am 16. November 2015 nicht möglich gewesen.

Bewertung

Das BAG stellt klar, dass bei Vorliegen begründeter Zweifel an der Geeignetheit eines Eingliederungsplans eine Ablehnung aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden ist.

Dr. iur. Christoph Roos
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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