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Arbeitsrecht: Wechsel zu sachgrundloser Befristung kann rechtsmissbräuchlich sein

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 31.01.2019 – 21 Sa 936/18 (PM Nr. 12/19 des LAG Berlin-Brandenburg)

Hintergrund

Die Klägerin war als technische Assistentin in einer Arbeitsgruppe eines Labors, welches von einem Forschungsverbund und der Beklagten gemeinsam betrieben wurde, zunächst bei dem Forschungsverbund befristet beschäftigt. Sie beendete das Arbeitsverhältnis mit diesem und vereinbarte mit der Beklagten einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag zu gleichen Konditionen wie bisher mit dem Forschungsverbund.

Später wandte sich die Klägerin gerichtlich gegen die sachgrundlose Befristung. Das Landesarbeitsgericht hat der Entfristungsklage schließlich stattgegeben.

Gründe

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entschied, dass die gewählte Vertragsgestaltung als rechtsmissbräuchlich zusehen ist.

Für den Arbeitsgeberwechsel habe es keinen sachlichen Grund gegeben. Vielmehr habe er ausschließlich dazu gedient, eine sachgrundlose Befristung im Rahmen des Arbeitsverhältnisses zwischen Klägerin und Beklagter zu ermöglichen, die sonst nicht möglich gewesen wäre. Eine solche Umgehung der gesetzlichen Bestimmungen zur sachgrundlosen Befristung sei als rechtsmissbräuchlich anzusehen.

Bewertung

Es ist grundsätzlich zulässig, Arbeitsverhältnisse mehrmals hintereinander neu zu befristen. Bei Befristungen ohne sachlichen Grund darf die Anzahl von drei Verlängerungen bei einer Maximaldauer von zwei Jahren nicht überschritten werden. Die Befristung ist auch dann nicht erlaubt, wenn mit demselben Arbeitnehmer bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Außerdem müssen nach dem Bundesarbeitsgericht die gesetzlich an sich zulässigen Gestaltungsmöglichkeiten dann zurücktreten, wenn sie zu einem mit Treu und Glauben unvereinbaren Ergebnis führen. Das ist der Fall, wenn ein Vertragspartner rechtsmissbräuchlich versucht, die Beschränkungen des Befristungsrechts zu umgehen, um über die vorgesehenen Befristungsmöglichkeiten hinaus sachgrundlose Befristungen aneinanderreihen zu können. Hierbei geht es insbesondere darum, dass Arbeitgeber versuchen, durch das „Auswechseln“ des Arbeitgebers bei gleichbleibender Tätigkeit des Arbeitnehmers das Vorbeschäftigungsverbot zu umgehen.

Konstellationen, in denen ein mit einem anderen Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich verbundener Arbeitgeber mit einem zuvor bei dem anderen Arbeitgeber befristet beschäftigten Arbeitnehmer einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag abschließt, können also als rechtsmissbräuchliche Umgehung der gesetzlichen Bestimmung eingestuft werden.

Julia Wulf
Rechtsanwältin

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