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Arbeitsrecht: Nachvertragliches Wettbewerbsverbot unwirksam – OLG München entscheidet zu nachvertraglichem Wettbewerbsverbot eines Fremdgeschäftsführers

Oberlandesgericht München, Beschluss vom 02.08.2018 – 7 U 2107/18

Hintergrund

Die Verfügungsbeklagte (Beklagte) vertreibt und produziert Brillenfassungen und Brillengläser. Der Verfügungskläger (Kläger) war über mehrere Jahre hinweg Fertigungsleiter und Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft der Verfügungsbeklagten. Sodann wurde der Kläger Geschäftsführer bei der Beklagten.

Gegenstand des zwischen den Parteien geschlossenen Dienstvertrages war ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot:

Der Geschäftsführer verpflichtet sich, für die Dauer von einem Jahr nach Beendigung des Anstellungsvertrages weder in selbstständiger noch unselbstständiger Stellung oder in sonstiger Wiese für ein Konkurrenzunternehmen der Gesellschaft tätig zu werden (einschließlich Übernahme einer Organstellung o.ä.). ‚Konkurrenzunternehmen’ meint jedes Unternehmen, welches sich in gleichen Geschäftsfeldern wie die Gesellschaft oder eine Tochtergesellschaft der Gesellschaft betätigt. Dies ist insbesondere die Produktion und der Vertrieb von Brillengläsern sowie der Vertrieb von Brillengestellen an Unternehmen (d.h. der Vertrieb an Endkunden ist nicht erfasst).

Zudem war eine Karenzentschädigung und die Reduktion des Wettbewerbsverbotes auf das rechtlich zulässige Maß im Falle einer Unwirksamkeit vereinbart worden.

Nach dem Ausspruch der Kündigung durch die Beklagte wurde der Kläger unverzüglich freigestellt.

Der Kläger begehrte im Wege der einstweiligen Verfügung die Feststellung der Unwirksamkeit des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes. Das Landgericht (LG) wies den Antrag des Klägers zurück. Daraufhin erhob der Kläger sofortige Beschwerde. Diese führte zum Erlass einer einstweiligen Anordnung, die bei rechtskräftiger Entscheidung in der Hauptsache die Tätigkeit als Geschäftsführer in einem Konkurrenzunternehmen der Beklagten ermöglichte. Die Berufung der Beklagten wies das Oberlandesgericht (OLG) zurück.

Gründe

Wie das LG vertritt das OLG die Auffassung, „dass Verfügungsanspruch aus der Unwirksamkeit des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots in § 10 des Dienstvertrags zwischen den Parteien folgt“.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) sind nachvertragliche Wettbewerbsverbote für GmbH-Geschäftsführer grundsätzlich möglich.

Sie sind im Hinblick auf ihre Wirksamkeit am Maßstab des § 138 BGB (Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher) zu messen. „Hiernach ist das Wettbewerbsverbot nichtig, wenn es nicht den berechtigten Geschäften der Gesellschaft dient und es nach Ort, Zeit und Gegenstand die Berufsausübung und wirtschaftliche Tätigkeit des Geschäftsführers unbillig erschwert“. Das OLG fasst diese Maßstäbe des BGH dahingehend auf, „dass sich die Interessen der Gesellschaft in der Reichweite des Verbots widerspiegeln müssen, dass mit anderen Worten ein zu weit gefasstes Verbot nichtig ist“. Das OLG hält die Formulierung des § 10 des Vertrages für zu weit gefasst und somit für nichtig, da dem Kläger jede Art von Tätigkeit durch die Klausel verboten ist – gleichgültig ob eine selbstständige, nichtselbstständige oder anders gelagerte Tätigkeit. Das OLG führt beispielhaft eine mögliche Tätigkeit des Klägers als Hausmeister an, die so dem Wortlaut nach auch erfasst wäre, jedoch nicht durch ein Interesse der Beklagten gerechtfertigt wäre.

Das OLG führt in seinem Hinweisbeschluss eingehend aus, dass offensichtlich sei, dass der Kläger gerade nicht die oben bezeichnete Tätigkeit aufnehmen will, sondern vielmehr eine Organtätigkeit bei einem Konkurrenzunternehmen ausfüllen will. Jedoch ist eine geltungserhaltende Reduktion der streitgegenständlichen Klausel nicht möglich.

Die seitens des BGH geforderten Voraussetzungen für eine Aufrechterhaltung des Wettbewerbsverbotes unter dem Gesichtspunkt der Teilnichtigkeit nach § 139 BGB liegen nicht vor.

Auch die Vereinbarung der Parteien hinsichtlich einer Reduktion des Wettbewerbsverbotes im Falle einer Unwirksamkeit auf das rechtlich zulässige Maß (salvatorische Klausel) stellt einen Verstoß gegen das Transparenzgebot dar und ist danach unwirksam. Sodass sich auch hieraus hinsichtlich der Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbotes Nichts anderes ergibt.

Im Übrigen würde eine geltungserhaltende Reduktion auch an den allgemeinen Grundsätzen des AGB-Rechts scheitern.

Nach Beurteilung des LG wie des OLG ergibt sich ein Verfügungsgrund, da der Kläger eine Stelle als Geschäftsführer in einem Konkurrenzunternehmen antreten kann. Die einstweilige Verfügung nimmt die Hauptsache nicht vorweg, so das OLG.

Bewertung

Der Beschluss des OLG zieht weite Kreise. Es ist gängige Praxis, dass unternehmensbezogene Wettbewerbsverbote jede Art von Tätigkeit untersagen. Hieraus folgt, dass diese Vielzahl von Klauseln der Gefahr der Unwirksamkeit ausgesetzt ist. Erforderlich ist demnach die zumeist klare Begrenzung des Wettbewerbsverbotes, um dieser Gefahr zu entgegnen. Geschäftsführern obliegt es, mit der Wahl der einschlägigen Rechtsmittel die eigenen Rechte geltend zu machen, und, soweit erforderlich, eine möglicherweise unwirksame Klausel einer gerichtlichen Prüfung zu stellen.

Der Anregung des OLG, die Berufung zurückzunehmen, ist die Beklagte nicht gefolgt. Das OLG hat die Berufung mit Beschluss vom 06.09.2018 zurückgewiesen.

Dr. iur. Christoph Roos
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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