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DRG-Recht: Die fiktive Beurlaubung als fiktives wirtschaftliches Alternativverhalten

Das im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung geltende Wirtschaftlichkeitsgebot aus § 12 SGB V hat in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung manche unerwartete Blüte getrieben, eine weitere dürfte die Idee der fiktiven Beurlaubung als fiktives wirtschaftliches Alternativverhalten sein.

Wirtschaftlichkeitsgebot

Ausgangspunkt der Überlegungen zur fiktiven Beurlaubung als fiktives wirtschaftliches Alternativverhalten ist das Wirtschaftlichkeitsgebot gem. § 12 Abs. 1 SGB V. Im Ergebnis zutreffend betonen das Bundessozialgericht und die Instanzgerichte regelmäßig dessen uneingeschränkte Geltung im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung. Nach § 12 Abs. 1 SGB V müssen Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

Das zugleich leistungsbegründend und leistungsbegrenzend wirkende Wirtschaftlichkeitsgebot soll einerseits die notwendige Versorgung der Versicherten, andererseits die Stabilität und Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung sicherstellen; dies führt naturgemäß dahingehend zu Einschränkungen des Leistungsumfangs, dass Versicherte keinen Anspruch auf spezielle bzw. alle Leistungen haben, die zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar sind, der grundsätzlich bestehende Leistungsanspruch ist auf das Ausreichende, Zweckmäßige und Wirtschaftliche beschränkt, das das Maß des Notwendigen nicht überschreiten darf.

Fiktives wirtschaftliches Alternativverhalten

Ausgehend von der gesetzlichen Konzeption des Wirtschaftlichkeitsgebots hat das Bundessozialgericht in seinem Urteil, vom 10.03.2015, Az. B 1 KR 3/15, den Grundsatz des fiktiven wirtschaftlichen Alternativverhaltens fortgeschrieben. Dieser besagt im Fall der unwirtschaftlichen stationären Behandlung eines Versicherten, dass nur ein Anspruch auf die Vergütung besteht, die bei einem fiktiven wirtschaftlichem Alternativverhalten, also bei einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Leistungserbringung angefallen wäre, die das Maß des Notwendigen nicht überschritten hätte.

Der Grundsatz des fiktiven wirtschaftlichen Alternativverhaltens ist im klinischen auf nicht wenig Gegenliebe gestoßen. Tatsächlich erbrachte, medizinisch hochwertige Leistungen können wegen vermeintlicher oder tatsächlicher Unwirtschaftlichkeit nicht in voller Höhe abgerechnet werden. Bei aller berechtigter Kritik ist indes zu bedenken, dass mit der Abrechenbarkeit des fiktiven wirtschaftlichen Alternativverhaltens letztlich ein, wenn auch in der Regel geringerer, Vergütungsanspruch des Krankenhauses erhalten bleibt.

Mit der Entwicklung des Grundsatzes des fiktiven wirtschaftlichen Alternativverhaltens hat das Bundessozialgericht einem Ausschluss des Vergütungsanspruchs im Fall einer unwirtschaftlichen Leistung eine Absage erteilt. Einen vollständigen Ausschluss des Vergütungsanspruchs kennt das Leistungsrecht beispielsweise, wenn auch aus anderen rechtlichen Erwägungen, bei der primären Fehlbelegung. Im Fall einer primären Fehlbelegung hat das Krankenhaus keinen, auch keinen, Anspruch auf die Vergütung einer fiktiven ambulanten Leistung, die das wirtschaftliche Alternativverhalten darstellen würde. Hintergrund ist im Wesentlichen der Grundsatz des Vorrangs der vertragsärztlichen Versorgung.

Beurlaubung

Weiterer Ausgangspunkt zu den Überlegungen zum fiktiven wirtschaftlichen Alternativverhalten durch fiktive Beurlaubung ist die Beurlaubung. Eine Beurlaubung liegt nach § 1 Abs. 7 Satz 5 FPV (2018) vor, wenn ein Patient mit Zustimmung des behandelnden Krankenhausarztes die Krankenhausbehandlung zeitlich befristet unterbricht, die stationäre Behandlung jedoch noch nicht abgebrochen ist. Für die Kodierung der Verweildauer, mithin also für die Abrechnung der erbrachten Leistungen, werden der Tag des Antritts und der Rückkehr aus der Beurlaubung gem. § 1 Abs. 7 Satz 4 FPV (2018) als Belegungstage berechnet, nicht indes vollständige Tage der Beurlaubung.

Hinsichtlich der Voraussetzungen einer Beurlaubung hat das Sozialgericht Nürnberg, in seinem lesenswerten Urteil, vom 07.11.2018, Az. S 11 KR 649/17, herausgearbeitet, dass der Patient „den Willen geäußert haben muss, zunächst beurlaubt und anschließend wieder in Klinik aufgenommen zu werden. Die ‚Zustimmung des behandelnden Krankenhausarztes‘ setzt denknotwendig einen entsprechenden – geäußerten – Willen des Versicherten, sich beurlauben zu lassen, bzw. eine erklärte Einwilligung in eine Beurlaubung voraus.[Es genügt] für die Annahme einer Beurlaubung gerade nicht […], dass lediglich der Therapieplan eines Krankenhauses eine Wiederaufnahme in überschaubarer Zeit vorsieht und es ebenso wenig ausreicht, dass die Krankenhausbehandlung dem Willen des Versicherten nicht widersprochen hat“.

Das Sozialgericht Nürnberg legt § 1 Abs. 7 Satz 5 FPV (2018) nach seinem Wortlaut dahingehend aus, dass der Patient einen Willen hinsichtlich seiner Beurlaubung geäußert haben muss, in die der Krankenhausarzt einwilligt.

Fiktive Beurlaubung als fiktives wirtschaftliches Alternativverhalten

Für die fiktive Beurlaubung als fiktives wirtschaftliches Alternativverhalten bedeutet dies, dass bei einer Behandlungsunterbrechung, bei der bereits die Indikation zur Wiederaufnahme gestellt wird, um die Behandlung zeitnah fortzusetzen, nicht zwingend von einer fiktiven Beurlaubung auszugehen ist, wenn der Patient nicht positiv den Willen geäußert hat, sich beurlauben zu lassen und die nicht beendete Behandlung zu einem späteren, definierten Zeitpunkt (nämlich dem Zeitpunkt der Urlaubsrückkehr) fortzusetzen.

Fazit

Ausgehend von den strengen Voraussetzungen, die das Sozialgericht Nürnberg, in seinem Urteil vom 07.11.2018, Az. S 11 KR 649/17, an eine Beurlaubung, nämlich den ausdrücklichen Willen des Patienten, beurlaubt zu werden, und die ausdrückliche Einwilligung des Arztes, in die Beurlaubung, stellt, bleibt für eine fiktive Beurlaubung als fiktives wirtschaftliches Alternativverhalten kein Raum. Ob diese Rechtsprechung indes Bestand haben wird, bleibt abzuwarten.

Heiner Fey, Rechtsanwalt

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