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Arzthaftungsrecht: Schmerzensgeldzahlung eines Arztes wegen vergessenem OP-Instrument im Knie

Oberlandesgericht Oldenburg vom 24.10.2018 – 5 U 102/18 (OLG Oldenburg PM vom 28.01.2019)

Hintergrund

Der 46-jährige Kläger unterzog sich bei dem beklagten Arzt einer Kniegelenkoperation. Am Abend des Behandlungstages fehlte die Metallspitze des Operationsinstruments. Sie konnte in der Arztpraxis nicht aufgefunden werden. Der Beklagte machte sich hierzu eine Notiz für den Fall, dass die Spitze bei einer Operation im Körper eines Patienten verblieben sein könnte.

Einen Tag später stellte sich der Kläger bei dem Beklagten zum Verbandswechsel vor und wieder ein paar Tage später zum Ziehen der Fäden. Etwa einen Monat nach der Operation meldete er sich wegen extremer Schmerzen erneut bei dem Beklagten. Eine Röntgenuntersuchung ergab, dass bei der Operation die Metallspitze des Operationsinstruments tatsächlich im Knie verblieben war. Sie musste durch eine weitere Operation entfernt werden.

Das Landgericht gab der Klage teilweise statt und verurteilte den Beklagten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 12.000 €. Die Tatsache, dass der Arzt, nachdem er am Abend das Fehlen der Metallspitze bemerkt hatte, nicht alle Patienten, die an diesem Tag operiert worden waren, nachuntersucht habe, stelle einen großen Behandlungsfehler dar. Auf die Berufung des Klägers sprach das Oberlandesgericht ihm ein höheres Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 € zu.

Gründe

Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ist u.a. zu berücksichtigen, dass der Kläger einen dauerhaften Knorpelschaden erlitten hat, der erhebliche Schmerzen bei längerem Gehen und Stehen verursacht. Dies schränkt den vormals sportlich sehr aktiven Kläger in seiner Lebensführung erheblich ein.

Insbesondere ist aber auch das ganz erhebliche Verschulden des Beklagten zu berücksichtigen. Dieser bemerkte bereits am Abend der Operation das Fehlen der Metallspitze. Dennoch reagierte er nicht und fand sich insoweit zunächst einmal damit ab, dass einer seiner Patienten hierdurch erheblich verletzt werden könnte. Weder beim Verbandswechsel noch beim Ziehen der Fäden befand er es für nötig abzuklären, ob die Metallspitze im Knie des Klägers verblieben war. Erst nachdem die Spitze bereits Schäden verursacht hatte und der Kläger mit erheblichen Schmerzen erneut vorstellig wurde, wurde der Beklagte tätig. Ihm ist daher der Vorwurf jedenfalls gröbster Fahrlässigkeit zu machen. Dies macht eine deutliche Erhöhung des Schmerzensgeldes erforderlich.

Bewertung

Die Bestimmung der Höhe eines Schmerzensgeldanspruchs infolge eines ärztlichen Behandlungsfehler liegt im Ermessen des Gerichtes. Im Rahmen dieser Bestimmung ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalles. In diesem Zusammenhang können unterschiedliche Faktoren wie beispielsweise die Folgen des Behandlungsfehlers inklusive deren individueller Beeinträchtigungsgrad sowie der Grad des Verschuldens, das dem Arzt vorgeworfen wird, ausschlaggebend sein.

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