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Reiserecht: Anspruch auf Entschädigung wegen Flugverspätung aufgrund von Mäusebefalls des Flugzeugs

Amtsgericht Wedding vom 19.01.2018 – 14 C 376/17

Hintergrund

Zwei Fluggäste beanspruchten von einer Fluggesellschaft die Zahlung einer Entschädigung, weil sie ihren Zielort erst mit einer Verspätung von 24 Stunden erreichten. Der Flug sollte im Juni 2017 von Berlin-Tegel über Istanbul erfolgen.Der Zubringerflug von Berlin nach Istanbul konnte jedoch nicht ausgeführt werden, da ein Fluggast auf dem unmittelbaren Vorflug beim Aussteigen eine Maus gesehen habe und das Flugzeug daher erst für mehrere Stunden untersucht werden musste. Die beiden Fluggäste wurden folglich auf einen Ersatzflug am Folgetag umgebucht, wodurch es zu der Verspätung kam. Da sich die Fluggesellschaft auf einen außergewöhnlichen Umstand berief und sich daher wegerte zu zahlen, erhoben die beiden Fluggäste Klage.

Gründe

Das Amtsgericht Berlin-Wedding entschied zu Gunsten der Kläger. Ihnen steht gemäß Art. 7 Abs. 1 Flug­gast­rechte­verordnung ein Anspruch auf Entschädigung wegen der Ankunftsverspätung zu. Auf einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Flug­gast­rechte­verordnung könne sich die Beklagte nicht berufen. Zwar dürfe der Kontakt freilebender Tiere zu Flugzeugen nach Ansicht des Amtsgerichts eher die Ausnahme darstellen, dennoch sei der Aufenthalt von Mäusen auf Flughäfen die Regel und auch nicht zu unterbinden. Deshalb sei abzusehen, dass sich Mäuse bei Be- und Entladevorgängen Zugang zu Flugzeugen verschaffen können. Dies sei daher ein dem normalen Flugbetrieb zurechenbarer Vorgang. Zudem handele es sich um ein durch das Luftfahrtunternehmen zu beherrschendes Ereignis. Denn ihm obliege es und sei es auch tatsächlich möglich, Vorkehrungen zu treffen, die ein Eindringen von Mäusen an Bord des Flugzeugs verhindern.

Bewertung

Kommt es zu einer erheblichen Ankunftsverspätung, weil das Flugzeug auf Mäusebefall untersucht werden muss, so steht den davon betroffenen Fluggästen eine Entschädigung gemäß Art. 7 Abs. 1 der Flug­gast­rechte­verordnung zu. Das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstandes im Sinne der Verordnung ist außerdem abzulehnen. Bei außergewöhnlichen Umständen handelt es sich um Situationen, die zu einer Verspätung oder einem Flugausfall führen „obgleich vom betreffenden Luftfahrtunternehmen alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen wurden, um die Verspätung oder Annullierung zu verhindern.“ Diese Definition aus der EU-Verordnung lässt viel Raum für Auslegungen. Anerkannte Beispiele für solche außergewöhnlichen Umstände im Sinne der Verordnung können extremes Unwetter, Naturkatastrophen, Streik, Terrorwarnungen und Vogelschlag sein. Eine Untersuchung aufgrund eines vermuteten Mäusebefalls zählt nicht dazu.

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