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Arbeitsrecht: Bundesarbeitsgericht ändert Rechtsprechung zur sachgrundlosen Befristung

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.01.2019 – 7 AZR 733/16, Pressemitteilung Nr. 3/19

Hintergrund

Vom 19. März 2004 bis zum 30. September 2005 war der Kläger Mitarbeiter der Beklagten. Die Beklagte stellte den Kläger mit Wirkung zum 19. August 2013 erneut sachgrundlos befristet für die Zeit bis zum 28. Februar 2014 ein.Diese Vertragslaufzeit wurde mehrfach verlängert, zuletzt bis zum 18. August 2015.

Der Kläger begehrte gerichtlich Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis zum Ablauf des 18. August 2015 nicht geendet hat.

Der Kläger bekam Recht. Alle Instanzen, zuletzt das Bundesarbeitsgericht (BAG) stellten fest, dass das Arbeitsverhältnis nicht zum 18. August 2015 geendet hat.

Gründe

Gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG,

„ […] (2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. […]“,

unterliegt die Befristung eines Arbeitsverhältnisses bestimmten Voraussetzungen. 2011 hatte das BAG entschieden (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 06.04.2011, 7 AZR 716/09), dass die oben bezeichnete Norm nicht solche Arbeitsverhältnisse betrifft, die mehr als drei Jahre zurückliegen. Jedoch entschied das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) am 06. Juni 2018 (Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 06.06.2018; 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14), dass das Bundesarbeitsgericht mit seinem Urteil aus dem Jahre 2011 die Grenzen vertretbarer Auslegung gesetzlicher Vorgaben überschritten hat. Nach Auffassung des BVerfG wollte der Gesetzgeber eine Karenzzeit von drei Jahren offenkundig nicht regeln. Das BVerfG billigte den Fachgerichten einen Auslegungsspielraum zu, als dass Fälle von Unzumutbarkeit des Verbots einer sachgrundlosen Befristung bestehen können. Eine solche Unzumutbarkeit liege insbesondere dann vor, wenn (a)) eine Vorbeschäftigung sehr lang zurückliegt, (b)) ganz anders geartet war oder (c)) die Beschäftigung nur von sehr kurzer Dauer gewesen ist. Die durch das BVerfG angeführten Fälle sind nicht abschließend.

Einen solchen Fall bejaht das BAG unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des BVerfG nicht. Der Zeitraum von acht Jahren stelle zudem keinen sehr lange zurückliegenden Zeitraum dar. Weiter hätte die Beklagte damit rechnen können, dass die durch das BAG vorgenommene verfassungskonforme Auslegung der streitgegenständlichen Norm vor dem BVerfG keinen Bestand haben könnte.

Bewertung

Das BAG gibt zu Recht seine bisherige Rechtsprechung zu der streitgegenständlichen Norm aufgegeben. Das BVerfG hat in seiner Entscheidung deutlich ausgeurteilt, dass der zulässige Rahmen verfassungskonformer Auslegung überschritten worden ist. Dieser Beurteilung war Folge zu leisten.

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