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Pferderecht: Artgerechte Pferdehaltung – Anforderungen an die Boxengröße

Verwaltungsgericht München, Beschluss vom 15.11.2016 – M 23

Sachverhalt

Der Antragsteller ist seit Oktober 2008 Inhaber einer Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Unterhaltung eines Reitbetriebes. Diese Erlaubnis wurde auf Antrag vom Landratsamt bis Oktober 2018 verlängert und enthielt unter anderem Auflagen zur Vergrößerung der Pferdeboxen.Diese Auflagen beruhten auf wiederholt tierschutzrechtlichen Kontrollen, bei denen festgestellt wurde, dass sich die Reitanlage in einem insgesamt schlechten Zustand befand. Insbesondere waren die Boxen zu klein und wiesen einen unzureichenden natürlichen Lichteinfall auf. Mit Bescheid vom Juni 2016 erging die tierschutzrechtliche Anordnung, ein Sanierungs- und Umbaukonzept der gesamten Reitanlage durchführen zu lassen, um bauliche Mängel im Reitstall zu beheben. Die Sanierung müsse bis Juni 2017 abgeschlossen sein, wobei die Unterbringung in Einzelboxen eine Mindestfläche von (2x Widerristhöhe) ² für das jeweils eingestellte Pferd aufweisen müsse. Die sofortige Vollziehung wurde vom Landratsamt angeordnet. Gegen diese wendete sich der Antragsteller mit einer Anfechtungsklage.

Gründe

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung war zulässig und begründet. Das VG München sah insbesondere einen Widerspruch in der Anordnung, die Sanierung bis Juni 2017, also über einen Zeitraum von einem Jahr durchzuführen und gleichzeitig den Sofortvollzug anzuordnen. Darüber hinaus waren die Durchführung und Vorlage eines Umbau- und Sanierungskonzeptes zu unbestimmt. Dem Adressaten sei unklar, welchen räumlichen Umfang dieses umfasse. Im Übrigen wären auch Einzelanordnungen im Hinblick auf eine artgerechte Haltung in Betracht gekommen. Eine gänzliche Umplanung der Reitanlage war jedenfalls nicht erforderlich.

Das VG München sprach sich jedoch dazu aus, wie eine artgerechte Haltung von Pferden aussehe. Dabei könne für die Beurteilung einer art- und verhaltensgerechten Haltung i.S.v. § 2 TierSchG auf die „Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten vom 9. Juni 2009“ des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zurückgegriffen werden. Auch wenn es sich bei den Leitlinien nicht um verbindliche Rechtsnormen handelt, geben diese die aktuellen Erkenntnisse über die artspezifischen Bedürfnisse der einzelnen Tierarten zutreffend und mit größtmöglicher Objektivität wieder. Nach Ziff. 4.3.1 der Leitlinien muss die Boxenfläche für einzeln gehaltene Pferde mindestens die (2-fache Widerristhöhe) ² betragen; für eine Stute mit Fohlen mindestens (2,3-fache Widerristhöhe) ². Um den Leitlinien gerecht zu werden, wäre im vorliegenden Fall auch ein Umstellen der Pferde je nach Widerristhöhe möglich gewesen.

Bewertung

Die Leitlinien des BMEL stellen eine sachverständige Zusammenfassung dessen dar, was als verlässlicher und gesicherter Kenntnisstand gelten kann. Diese sind folglich für die Beurteilung des Gerichts, was als artgerechte Haltung definiert wird, entscheidend. Vor diesem Hintergrund wird auch deutlich, dass die artgerechte Pferdehaltung in den vergangenen Jahren immer mehr Bedeutung gewonnen hat. Ausreichend Bewegung, Licht und Luft müssen gewährleitet sein.

Das VG München schließt nicht aus, dass grundsätzlich einzelne tierschutzrechtliche Anordnungen nach § 16 a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 i.V.m. § 2 TierSchG zur Durchsetzung der Richtwerte aus den Leitlinien ergehen können. Relevant wird die Beurteilung insbesondere bei jeder Verlängerung der Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Unterhaltung eines Reitbetriebes.

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