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Medizinrecht: Kein Anspruch auf Änderung eines Arztbriefes

Oberlandesgericht Koblenz, Beschluss vom 08.01.2018 – 5 U 1184/17

Hintergrund

Bei der Klägerin traten verstärkte Wirbelsäulenbeschwerden auf. Deswegen begab sich die Klägerin zur teilstationären Behandlung in die beklagte Schmerzklinik. Der Behandlungen waren bereits mehrere Operationen sowie konservative Behandlungen vorausgegangen.Der Entlassungsbericht, welcher dem Leiter der Wirbelsäulenchirurgie und der Hausärztin der Klägerin zuging, beinhaltete die Diagnose einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung. Die Klägerin begehrte daraufhin die Änderung des Berichtes. Daraufhin änderte die Beklagte den Entlassungsbericht dahingehend, dass sie den psychologischen Befund aussparte. Sie überschrieb den geänderten Entlassungsbericht mit „Geänderte Fassung des Entlassungsbriefes vom 13.01.2016 unter Aussparung des psychol. Berichts und der entsprechenden Diagnosen“. Dagegen ging die Klägerin im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens vor. Sie begehrte die erneute Abänderung der Formulierung des Arztbriefes. Ihre Argumentation stützt sie auf die Verletzung ihres Persönlichkeitsrechtes und auf die Verletzung ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung.

Gründe

Nach Auffassung des zuständigen Senats steht der Klägerin kein Anspruch auf erneute Abänderung des Arztbriefes zu. Durch das Ausstellen des Entlassungsberichtes ohne die konkrete Diagnose hat die Beklagte ihre Verpflichtung in ausreichendem Maße erfüllt. Der Zweck eines Entlassungsberichtes liegt darin, dass etwaige nachbehandelnde Ärzte anhand eben dieses Berichts eine fundierte Einschätzung treffen können, welcher Behandlungsbedarf vorliegt und ob alle konservativen Behandlungsmethoden ausgeschöpft sind. Entlassungsberichte ohne Hinweis auf einen psychischen Befund sind folglich wahrheitsverzerrend und irreführend.

Zudem führten die Richter an, dass die Öffentlichkeit keine Kenntnis von der Diagnose erhält, da die Klägerin insoweit durch die ärztliche Schweigepflicht geschützt ist. Des Weiteren handelt es sich bei narzisstischen Persönlichkeitsstörung um ein anerkanntes Krankheitsbild, sodass die Diagnose nicht geeignet gewesen sei negative Reaktionen bei den behandelnden Ärzten hervorzurufen. Außerdem kommt der Diagnose im Hinblick auf eine Weiterbehandlung eine erhebliche Bedeutung zu, denn die psychische Verfassung kann sich erhebliche auf körperliche Schmerzzustände auswirken.

Ein Änderungsanspruch ergibt sich auch nicht draus, dass die psychische Diagnose unzutreffend ist. Zum einen sind Wertungen und Meinungsäußerungen einem Widerruf grundsätzlich nicht zugänglich, zum anderen bestehen auch keine Anhaltspunkte dahingehend, dass die Beklagte insoweit ihren Beurteilungs- und Wertungsspielraum überschritten hätte.

Bewertung

In einem Entlassungsbrief sind grundsätzlich alle durchgeführten Befunderhebungen und Behandlungsmaßnahmen sowie entsprechende Auswirkungen vollständig zu dokumentieren. Auch psychische Einflussfaktoren, die bei dem Krankheitsbild des Patienten relevant sind, sind in den Arztbrief aufzunehmen. Nur unter diesen Umständen kann eine zuverlässige Nachbehandlung auf zutreffender Tatsachengrundlage erfolgen und der Zweck eines Entlassungsberichtes bleibt gewährleistet.

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