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Arbeitsrecht: Streikbruchprämien können zulässiges Kampfmittel des Arbeitgebers darstellen

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 14.8.2018 – 1 AZR 287/17

Hintergrund

Streitig zwischen den Parteien war die Zahlung einer Streikbruchprämie iHv 1.200€.

Der Kläger ist seit 2004 beim beklagten Einzelhandelsunternehmen als Verkäufer zu einer Bruttomonatsvergütung von 1.480 € bei einer 30-Stunden-Woche vollzeitbeschäftigt.In den Jahren 2015 und 2016 wurde der Betrieb auf Aufruf der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft -ver.di zum mehrtätigen Streik aufgerufen, um einen Tarifvertrag zur Anerkennung regionaler Einzelhandelstarifverträge zu schließen.

Arbeitnehmern, die sich nicht am Streik beteiligten, sondern ihrer regulären Tätigkeit nachgingen, wurde vom beklagten Arbeitgeber vor Streikbeginn in einem betrieblichen Aushang die Zahlung einer Streikbruchprämie versprochen. Diese war zunächst iHv 200€ brutto sodann in einem zweiten betrieblichen Aushang iHv 100€ brutto pro Streiktag zugesagt worden.

Gestützt auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz macht der Kläger die Streikbruchprämie geltend, obwohl er im Rahmen des Streikes nicht seiner regulären Tätigkeit nachkam. Des Weiteren handele es sich bei der Streikbruchprämie aufgrund der Höhe der zugesagten Prämie um ein rechtswidriges Arbeitskampfmittel. Er wies darauf hin, dass eine Streikbruchprämie iHv. 200,00 € einen zusätzlichen Verdienst von rd. 13,5 % für nur einen einzigen Tag bedeute.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Und auch die Revision des Klägers vor dem BAG blieb erfolglos.

Gründe

Dadurch, dass der Kläger nicht die für die Auszahlung der Prämie erforderlichen Voraussetzungen erfüllt habe, habe er keinen Anspruch auf ihre Auszahlung gegen die Beklagte.

In der Zusage der Prämienzahlung an alle arbeitswilligen Arbeitnehmer liege zwar eine Ungleichbehandlung zu den streikenden Arbeitnehmern. Diese sei aber aus arbeitskampfrechtlichen Gründen gerechtfertigt. Zweck der freiwilligen Sonderleistung sei nämlich den betrieblichen Ablaufstörungen zu begegnen und damit dem Streikdruck entgegenzuwirken. Vor dem Hintergrund der für beide soziale Gegenspieler geltenden Kampfmittelfreiheit handele es sich um eine grundsätzlich zulässige Maßnahme des Arbeitgebers. Die Streikbruchprämie sei, auch in Hinblick darauf, dass diese den Tagesverdienst Streikender um ein Mehrfaches überstieg, angemessen und somit verhältnismäßig.

Bewertung

Sowohl Arbeitgeber- als auch Arbeitnehmerseite ist im Arbeitskampf Kampfmittelfreiheit gewährt. Diese auszunutzen, um einen geregelten betrieblichen Ablauf zu gewährleisten ist wirtschaftlich nachvollziehbar. Zudem stehen den Arbeitnehmern durch die Gewerkschaften ebenfalls finanzielle Mittel zur Verfügung, um einen Streik besonders wirkungsvoll zu gestalten. Somit besteht Waffengleichheit und kein rechtswidriges Arbeitskampfmittel. Die Differenzierung zwischen streikenden und arbeitenden Beschäftigten ist demnach, wie das Bundesarbeitsgericht billigerweise befand, nicht als Ungleichbehandlung einzustufen.

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