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Arbeitsrecht: Direktionsrecht – Hausmeister kann an einer zweiten Schule eingesetzt werden

Bundesarbeitsgericht vom 24.05.2016 – 6 AZR 116/17

Hintergrund

Seit dem 23.01.1978 ist der Kläger bei der Beklagten in Vollzeit beschäftigt. Am 02.06.1981 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag, aus dessen § 1 hervorgeht, dass der Kläger am dem 01.05.1981 als Hausmeister für die Sporthalle einer Schule eingesetzt wird.Die Übertragung der Hausmeistertätigkeit weitere Gebäude bleibt vorbehalten. Kraft individualvertraglicher Bezugnahme finden der TVöD für den Bereich Verwaltung im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-T) vom 07.02.2006 sowie der landesbezirkliche Tarifvertrag vom 19.12.2016 zum TVöD im Bereich des KAV Nordrhein-Westfalen (TVöD-NRW) in der Fassung vom 20.12.2016 auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Teil V Nr. 2 § 1 Abs. 5 TVöD-NRW regelt, dass die Summe aus Vollarbeits- und Bereitschaftszeiten nicht 46.75 Stunden wöchentlich überschreiten darf. Teil V Nr. 2 § 1 Abs. 1 TVöD-NRW bestimmt die dem Schulhausmeister obliegenden Aufgaben. Ob und in welchen Umfang der Schulhausmeister diese zu verrichten hat, ergibt sich gemäß Teil V Nr. 2 § 1 Abs. 1 S. 2 TVöD-NRW im Zweifel aus den jeweiligen Anordnungen des Arbeitgebers.

2011 und 2012 erhob die Beklagte eine Organisationsuntersuchung der Hausmeisterdienste an ihren Schulen, um den Stellenbedarf an den einzelnen Schulen zu berechnen und somit im Rahmen der Einsetzung der Hausmeister eine effizientere Verteilung zu erreichen. Dabei stellt sie fest, dass am R-Gymnasium, an dem der Kläger ausschließliche tätig war, Bedarf für eine 0,7-Stelle bestand. Für die ca. zwei Kilometer entfernte Gesamtschule ergaben die Berechnungen einen Bedarf von 1,24 Stellen. Die Beklagte übte daraufhin gegenüber dem Kläger ihr Direktionsrecht aus und wies den Kläger in diesem Zusammenhang an, montags und mittwochs zwischen 13:30 Uhr und 16:30 Uhr als Hausmeister an der Gesamtschule tätig zu werden.

Der Kläger machte geltend, dass die ihm gegenüber erfolgte Anweisung durch die Beklagte, an einer weiteren Schule tätig zu werden, nicht wirksam sein könne. Daher beantragte er festzustellen, dass er berechtigt ist, seine Arbeitsleistung mit Ausnahme des Falls angeordneter Überstunden ausschließlich am R-Gymnasium zu erbringen. Der Kläger hatte mit seinem Antrag in allen Instanzen keinen Erfolg.

Gründe

Der Kläger ist nicht berechtigt, seine Arbeitsleistung mit Ausnahme angeordneter Überstunden ausschließlich am R-Gymnasium zu erbringen. Die auf § 106 GewO, § 4 Abs. 1 TVöD-V beruhende Weisung der Beklagten an den Kläger ist wirksam.

Das Weisungsrecht der Beklagten, den Kläger an einer zweiten Schule einzusetzen, ist nicht arbeitsvertraglich beschränkt. Bei dem Arbeitsvertrag der Parteien handelt es sich um einen im öffentlichen Dienst üblichen Musterverträge mit AGB. Jedenfalls stellt aber der § 1 des Arbeitsvertrages eine sog. Einmalbedingung gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB dar. Der Inhalt der sog. Einmalbedingung ist nach dem objektiv-generalisierten Maßstab zu ermitteln. Danach ist § 1 nicht konstitutiv und das Weisungsrecht nicht eingeschränkt. Die Bestimmung ist nicht so zu verstehen, dass sich die Hausmeistertätigkeit auf eine Schule beschränkt. Das weitere Gebäude muss sich nicht auf dem gleichen Schulgelände befinden. Es kann auch ein Gebäude eines anderen Schulstandorts sein. Abändernde Vereinbarungen hinsichtlich der Versetzungsklausel haben die Parteien nicht getroffen. Allein die Nichtausübung des Direktionsrechts des Arbeitgebers über einen längeren Zeitraum genügt nicht für die Annahme einer Konkretisierung auf einen Standort.

Der Weisung der Beklagten stehen auch nicht der TVöD-V sowie der TVöD-NRW und die als Anhang zu Teil V Nr. 2 § 1 Abs. 1 S. 2 TVöD-NRW vereinbarten Richtlinien entgegen. Diesen Regelungen lässt dich der vom Kläger angeführte Grundsatz, wonach ein Schulhausmeister jeweils nur für eine Schule zuständig sein kann, nicht entnehmen. Der TVöD-V befasst sich gar nicht mit Aufgaben eines Schulhausmeisters. Der TVöD-NRW gibt ebenso wenig vor, dass ein Schulhausmeister nur an einer Schule eingesetzt werden darf. Teil V Nr. 2 § 1 Abs. 1 S. 1 TVöD-NRW umschreibt nur allgemein die Arbeitspflichten. Er stellt keine Regelungen zum Arbeitsort auf. Der vom Kläger angenommene Grundsatz folgt schließlich auch nicht aus den tariflichen Arbeitszeitregelungen. Diese stehen grundsätzlich einem Einsatz an einer anderen Schule nicht entgegen. Es darf lediglich bei den Einsatzzeiten des Klägers die zulässigen Grenzen nicht überschritten werden. Dass dies mit dem Einsatz an einer zweiten Schule zwingend einhergeht, ist nicht ersichtlich.

Darüber hinaus wahrt die streitgegenständliche Direktionsrechtsmaßnahme die Grenzen billigen Ermessens gemäß § 106 S. 1 GewO, § 315 BGB. Die Beklagte hat ihr Interessen an einem wirtschaftlichen Einsatz der Arbeitskraft des Klägers und dem Ausgleich der Unterversorgung der Gesamtschule angemessen gegen die Interessen des Klägers, nur an einer Schule tätig zu werden, abgewogen. Der Kläger hat keine konkreten Tatsachen dafür vorgetragen, dass ihm dadurch Nachteile entstünden, die berücksichtigt werden müssten. Die zwischen den beidem Schulen zurückzulegende Wegstrecke von ca. zwei Kilometern macht die Weisung nicht unbillig.

Bewertung

Jeder Arbeitnehmer hat die richtige Arbeit am richtigen Ort zur richtigen Zeit zu erbringen, um seine Hauptpflicht aus dem Arbeitsvertrag vollends zu erfüllen. Im Arbeitsvertag sind spezielle Konkretisierungen diesbezüglich nicht immer aufgeführt bzw. einzelne Regelungen sind nicht abschließend. Die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers bedarf dementsprechend einer Konkretisierung durch den Arbeitgeber. Diesem Zweck dient das Direktionsrecht des Arbeitgebers. Dieses ergibt sich aus § 106 GewO bzw. § 315 BGB. Es stellt das Recht des Arbeitgebers dar, dem Arbeitnehmer im Rahmen des Arbeitsvertrages bestimmte Aufgaben zuzuweisen und Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung weiter zu konkretisieren.

Das Direktionsrecht des Arbeitgebers unterliegt Grenzen. Diese ergeben sich beispielsweise aus höherrangigem Recht, aus dem Arbeitsvertrag und aus dem Gebot in § 315 Abs. 1 S. 1 BGB, welches die Ausübung des Direktionsrechts nach billigem Ermessen vorsieht. Für die Berücksichtigung des billigen Ermessens muss der Arbeitgeber die Umstände des Einzelfalles und die Interessen des Arbeitnehmers ausreichend berücksichtigen.

Wird das Direktionsrecht im Rahmen seiner Grenzen ausgeübt, muss der Arbeitnehmer den Weisungen seines Arbeitgebers Folge leisten. Überschreitet der Arbeitgeber hingegen diese Grenzen, ist dieses nicht der Fall. Der Arbeitnehmer ist dann zur Verweigerung der zugewiesenen Arbeit berechtigt.

Im vorliegenden Fall hat das Bundesarbeitsgericht richtigerweise ausgeführt, dass keine dem Direktionsrecht vorgehenden Regelungen in Tarifverträgen o.ä. getroffen wurden. Außerdem fand eine Abwägung der widerstreitenden Interessen beider Parteien im Sinne des § 315 I S. 1 BGB statt, welche im Ergebnis nachvollziehbarer Weise zugunsten des Arbeitgebers ausfiel. Folglich umfasst das Direktionsrecht des Arbeitgebers die Anweisung des Einsatzes an einer zweiten Schule. Die Weisung ist wirksam und muss vom Arbeitnehmer befolgt werden und darf diese nicht verweigern.

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