Permalink

0

Medizinrecht: Widerruf der Einwilligung in den Eizellentransfer bei künstlicher Befruchtung

Landgericht München, Urteil vom 02.05.2018 – 9 O 7697/17

Hintergrund

Der Kläger und seine damalige Ehefrau ließen bei der beklagten Klinik eine Befruchtung der Eizellen der Frau mit Samenzellen des Mannes durchführen. Ein Teil der sich im Vorkernstadium befindlichen Eizellen der Ehefrau wurden alsbald eingefroren. In diesen Vorgang willigte der Kläger damals schriftlich ein.

In darauffolgender Zeit trennten sich die Eheleute. Um dennoch die Vornahme eines Eizellentransfers durch die Beklagte herbeiführen zu können, fälschte die Ehefrau die Unterschrift des Klägers. Auf einen erfolglosen ersten Versuch folgte ein zweiter, wiederrum auf der Grundlage einer gefälschten Unterschrift basierender Anlauf, aus dem eine Schwangerschaft resultierte und ein Kind hervorging.

Die Ehefrau verlangte sodann Kindesunterhalt von ihrem damaligen Ehemann. Dagegen wehrt sich der Ehemann, indem er als Kläger von der beklagten Klinik die Freistellung von diesen Unterhaltsansprüchen verlangt. Im Prozess trug er vor, bereits vor dem ersten Versuch am Telefon gegenüber einer Mitarbeiterin der Beklagten seine ursprüngliche Einwilligung zum Eizellentransfer widerrufen zu haben. Dazu wurden mehrere Zeugen, insbesondere die von dem Kläger benannte Mitarbeiterin der Beklagten, gehört.

Das Landgericht hat die Klage auf die Freistellung von den Unterhaltspflichten letztendlich abgewiesen. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

Gründe

Die Einwilligung in obigen medizinischen Vorgang kann grundsätzlich, gerade bei Vorliegen des Vorkernstadiums der Eizellen, widerrufen werden. Ein dafür erforderlicher, für die Beklagte eindeutig erkennbarer Widerruf der ursprünglichen Einwilligung durch den Kläger konnte allerdings nicht festgestellt werden.

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass das Telefonat hatte keinen auf einen Widerruf schließenden Inhalt hatte. Zudem widerrief der Kläger sein Einverständnis auch in der Folgezeit nicht schriftlich oder nochmals mündlich. Wegen der ursprünglichen Einwilligung des Klägers hatten die beklagten Ärzte zumindest zum Zeitpunkt des Eizellentransfers somit keinen Anlass, an der Echtheit der Unterschrift des Klägers – und somit an dem Fortbestehen seiner Einwilligung – zu zweifeln.

Bewertung

Ein Widerruf bedeutet die Rücknahme einer auf einen Vertragsabschluss gerichteten Willenserklärung. Die Einwilligung in den Eizellentransfer ist eine Willenserklärung gerichtet auf den Abschluss eines Behandlungsvertrages, dessen Inhalt die Homologe Insemination darstellt. Die Einwilligung in den Eizellentransfer kann also grundsätzlich widerrufen werden. Dieser Widerruf muss allerdings eindeutig und möglichst schriftlich erfolgen.

Ihre Meinung interessiert uns!

Hinterlassen Sie uns ihr Feedback und diskutieren Sie mit uns über aktuelle wirtschaftsrechtliche Fälle aus den Bereichen Arbeitsrecht, Medizinrecht, Marken- und Designrecht sowie weiteren Themen. Wir freuen uns auf Ihre Anregungen.

Pflichtfelder sind mit * markiert.


Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.